Arbeitszeit: Bedingungen müssen stimmen — Zahl der Arbeitsstunden ist in Deutschland auf Rekordniveau
Wird in Deutschland zu wenig gearbeitet? Das behauptet zumindest Bundeskanzler Friedrich Merz, CDU. Arbeitskräfte fehlen an allen Ecken und Enden. Und das arbeitgebernahe Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat jüngst Zahlen vorgelegt, nach denen die Deutschen weniger arbeiten als in anderen Wirtschaftsnationen, durchschnittlich 1.036 Stunden im Jahr.
Dabei teilt das IW die Zahlen durch alle Menschen im erwerbsfähigen Alter, die hierzulande leben. Nimmt man allerdings die Zahl der Menschen, die hierzulande tatsächlich arbeiten, sieht das Bild ganz anders aus. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat das getan und kommt zu dem Schluss, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit zwar gesunken sei, aber die Gesamtzahl der geleisteten Stunden sei 2023 mit 55 Millionen auf einen Hochstand gestiegen. Sprich – es wird hierzulande mehr gearbeitet.
Blickt man zum Beispiel in die Pflegeberufe kann es nicht verwundern, dass pro Kopf weniger Stunden gearbeitet wird.
Die Belastungen sind dort so hoch, dass viele Beschäftigte sich für Teilzeitarbeit entscheiden, damit sie überhaupt die Belastung durch ihre Arbeit aushalten können.
Dass die Zahl der Teilzeitbeschäftigen angestiegen ist, geschah oft nicht freiwillig. Viele Frauen geben an, sie würden gerne mehr arbeiten. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas, SPD, geht daher mit einem Vorschlag in eine andere Richtung. Sie fordert bessere Rahmenbedingungen für Frauen im Berufsleben. Die Ministerin will dazu auch die Arbeitgeber stärker in die Pflicht nehmen. Sie sollen die Arbeit so organisieren, dass auch mehr Mütter Vollzeit arbeiten können.
Ein anderer Weg wäre, Migrant*innen, die bereits in Deutschland sind, mehr Möglichkeiten zu geben, hier zu arbeiten. Vielfach stoßen sie auf hohe Hürden bei der Arbeitsaufnahme. Oft liegt so das Potenzial, das viele der Migrant*innen mit ihren beruflichen Fähigkeiten mitbringen, brach. Doch dazu findet sich im Koalitionsvertrag nichts, es mangelt am Willen zur Integration.
Vor diesem Hintergrund stellt sich schlicht die Frage, warum diejenigen, die jetzt schon Vollzeit arbeiten, zukünftig noch ein paar Stunden mehr dranhängen sollen.
Dieser Beitrag ist eine Übernahme von ver.di-publik, mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
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