Beueler-Extradienst

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Keine Kritik

dju/verdi: Keine Krititk an Israels Morden an Journalisten

Man stelle sich vor, Russland oder Iran würden gezielt und ganz offiziell ein Journalistenteam ermorden. Was wäre in den deutschen Medien los? Wenn das im Gaza geschieht und die Mörder im Auftrag der israelichen Regierung handeln, ist von der dju/verdi nichts zu lesen oder zu hören. Nach dem bloßen Angriff mit Steinen auf ein Team der Deutschen Welle im Westjordanland, also des staatlichen Propagandasenders der jeweiligen Bundesreigerung, erklärte Lars Hansen, Co-Vorsitzender der dju: “Die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union (dju) in ver.di verurteilt den Angriff auf ein Team der Deutschen Welle durch israelische Siedler im Westjordanland auf das Schärfste. Ein solcher Übergriff auf Journalist*innen ist ein direkter Angriff auf die Pressefreiheit und darf nicht ohne Konsequenzen bleiben. Wer Journalist*innen angreift, will verhindern, dass die Welt hinsieht – das ist ein direkter Angriff auf die öffentliche Kontrolle und damit auf jede demokratische Ordnung“.

Nun wurden im Gaza Journalisten nicht nur mit Steinen angegriffen, sondern vom israelischen Militär im Auftrag der israelichen Regierung gezielt ermordet. So wie schon über 232 zuvor. Die Meldung wurde am vergangenen Sonntag spätabends verbreitet: Israel hat den bekannten palästinensischen Journalisten Anas al-Scharif und vier weitere Kollegen gezielt mit einem Raketenangriff in Gaza-Stadt getötet. Israel sprach davon, einen “Terroristen” ausgeschaltet zu haben. Gemeinsam mit Anas al-Scharif wurden dessen Kollegen Mohammed Kreika, die Kameramänner Ibrahim Saherund Mohammed Nufal, sowie der Freie Bildberichterstatter Mohammed Al-Khalidi im Schlaf in ihrem Zelt vor dem Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt im Schlaf durch einen gezielten Drohnenangriff ermordet.

dju schweigt zum Mord an Journalisten

Weil ich in den Meldungen darüber nichts von Protesten der dju lesen konnte, fragte ich beim Bundesvorstand der dju nach: “Ich vermisse Euren Protest gegen die weiteren Morde an Journalisten in Gaza. Habe ich Eure Stellungnahme übersehen oder kommt die noch? Ich bedanke mich für Eure Antwort.”

Die sollte auch bald kommen und etwa so ausfallen, wie ich befürchtet hatte. Und weil diese Gewerkschaft in Sachen internationaler Solidarität so furchtbar untätig ist, wie sie nun mal ist – hier der Wortlaut dieser Antwort:

“Lieber Kollege, vielen Dank für deine Nachricht und dein Engagement für den Schutz von Journalist*innen. Die dju in ver.di verurteilt in aller Schärfe den Tod von Journalist*innen in Konfliktzonen. Wir fordern eine umfassende und unabhängige Untersuchung solcher Vorfälle durch internationale Instanzen. Journalist*innen im Einsatz sind als Zivilist*innen besonders zu schützen. Als Mitglied der Europäischen (EFJ) und Internationalen Journalistenföderation (IFJ) tragen wir internationale Stellungnahmen zu solchen Vorfällen gemeinsam mit dem diesen Organisationen und stimmen uns hierzu eng mit ihnen ab. Mit kollegialen Grüßen Danica Bensmail dju-Bundesgeschäftsführerin.” Danica Bensmail ist vom Fach – sie war zuvor für die Gewerkschaft der Polizei tätig.

Ich habe darauf ebenfalls geantwortet und das nicht besonders freundlich. Denn auf der dju-Seite ist nichts von einem internationalen Protest gegen die neuerlichen Morde an arabischen Journalisten im Gaza zu finden.

Kein Boykott von Waffenlieferungen

Ver.di-Solidarität gibt es offenbar nur für deutsche Journalisten oder welche die für Deutschland tätig sind.  Auch die übrigen Bereiche der irgendwie für alles zuständigen Gewerkchaft ver.di versagen völlig, wenn es um Solidarität mit Palästina geht. Ver.di ist auch die größte Transportarbeiter-Gewerkschaft Deutschlands. Doch deutsche Gewerkschafter verladen alles, auch Waffen für den Völkermord im Gaza. Würde sich ver.di an anderen europäischen Gewerkschaften ein Vorbild nehmen – oder mit ihnen gemeinsam agieren – gäbe es seit Monaten schon keine deutsche Waffenlieferungen mehr nach Israel. Denn die werden beispielsweise von italienischen und spanischen Transportarbeitern verhindert. “Die linke Regierung in Madrid setzte bereits im vorigen Oktober alle Waffenexporte nach Israel aus”, so die Jüdische Allgemeine im Mai letzten Jahres. Spanien liefert demnach bereits seit Oktober 2023 keine Waffen mehr an Israel.

In Gaza wurden nach einem Bericht von Watson zwischen dem 7. Oktober 2023 (Überfall der Hamas auf Israel) und dem 26. März 2025 bereits 232 Journalisten ermordet.  Das sind mehr als in jedem Krieg zuvor.

12 Kommentare

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    Martin Böttger

    Ich wäre ja schon froh, wenn sich meine Gewerkschaft in Konflikte einmischt, auf die sie auch Einfluss hat. Das Tun oder Lassen des israelischen Militärs gehört da mutmasslich nicht dazu. Dass sie – zumal, wenn die Opfer schon ermordet sind – ein paar Tage Zeit braucht, um ihrer Empörung nicht spontan aber wirkungslos Ausdruck zu verleihen, weil sie sich lieber mit internationalen Partner*inne*n dazu vernetzen will, dann stimme ich dem sogar ausdrücklich zu.
    Wirkungslosen Symbolismus gibts nämlich schon genug.

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      Peter Lessmann-Kieseyer

      Lieber Martin Böttger, natürlich – welchen Einfluss haben wir oder jeder einzelne von uns, haben Verbände , Gewerkschaften oder NGOs schon auf den Genozid in Gaza? – Null. Und trotzdem: sollen wir deshalb die Hände in den Schoß legen und besser schweigen, weil es schon zu viel „wirkungslosen Symbolismus“ gibt? Wenn jetzt eine Freedom-Flotilla mit Segelbooten in See sticht und versucht, die Gaza-Blockade zu durchbrechen, wird auch das wirkungslos bleiben , weil Israel das verhindern wird. Ich sehe bereits die besserwisserischen Kommentare vor mir aufpoppen. Und dann arbeiten sich die Medien wieder an Greta Thunberg. Ich sage dagegen, jeder Protest und Aufschrei, jeder Brief und jeder Einspruch, jeder Widerspruch gegen die kriegsverbrecherische Politik Israel ist wichtig, sei sie auch nur ein Sandkorn oder noch weniger im Getriebe der Vernichtungs-Maschinerie.

      Dass Medien wie taz und SZ , die von sich behaupten, liberal bzw. links zu sein, vor wenigen Tagen – als hätten sie sich abgesprochen – den Brief von Prominenten an den Kanzler bis ins kleinste Detail zerpflücken, ihnen absprechen, das Fachwissen und die Kompetenz zu haben (muss man das?), dass sie sich erheben und Empfehlungen über Dinge erteilen würden, von denen sie keine Ahnung haben, dass sie nur Eigenwerbung durch Aufmerksamkeit betrieben, dass die Dinge viel zu kompliziert seien (sind sie das?), ist ein weiteres Beispiel dafür, welches Lied hier gerade aufgespielt wird. Nur keine klare Haltung und Position beziehen, sich weggucken – genau, das hatten wir schon einmal.

      Die uns aufoktroyierte Staatsraison hat unsere Lehren aus der Shoa völlig entstellt. Was nämlich zählt, ist das Einstehen für universelle Menschenrechte auf unserem Globus – ob in Israel, Gaza oder Palästina, in Iran, der Ukraine und Russland, im Kongo oder Nicaragua. Das hat die Geschichte uns Deutschen in besonderer Weise aufgegeben.

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      Martin Böttger

      Kein Widerspruch von mir. Ich bin nur dafür, weil ich politische Erfolge den Misserfolgen vorziehe, dass jede*r das tun sollte, was sie*er am besten kann. Das versuche ich für mich persönlich so zu halten. Und wenn meine Gewerkschaft das auch tut, halte ich das für richtig.

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    Peter Lessmann-Kieseyer

    Deutsche Medien des Mainstream verstehen sich bestens darin, die Klaviatur des Schweigens und Leugnens zu bedienen. Danke für den Bericht. Ich empfehle dazu auch Hanno Hauenstein im Guardian vom 13. August 2025: „How German media outlets paved the way for Israel’s murder of journalists in Gaza.“

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    Helmut Lorscheid

    Bis heute, 14.8. 2517.37 h ist auf der dju-Seite keine Presseerklärung zu dem Mord an den Journalisten in Gazu zu sehen. Auch keine internationale …Also an mangelnder Zeit kann es nicht liegen. der dju sind diese Morde egal, weil man ja Israel nicht kritisiert – erst recht nicht wenn man zuvor bei der Gewerkschaft der Polizei angestellt war., wie die neue dju-.Geschäftführerin

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    Annette Hauschild

    Ich bin einfach nur wütend und traurig, dass wir diese Debatte hier überhaupt führen müssen.
    Ich will Euch mal zeigen, in welchen Situationen Journalisten in Gaza berichten . Es gibt immer noch welche, die bisher überlebt haben,

    Dieses Video ist auf X zu sehen, die Bombardierung eines Stadtteils von GazaCity. Da leben noch eine Million Menschen. Und ein paar wackere Kolleginnen und Kollegen. Ja, auch Frauen! Ein junges Mädchen, das die von einem israelischen Heckenschützen ermordete amerikanisch-palästinensische berühmte und in Palästina beliebte Journalistin Shirin Abu Akleh als großes Vorbild hatte, wurde vor einigen Wochen ebenfalls erschossen.

    https://x.com/i/status/1957109007606219259

    https://x.com/SaulStaniforth/status/1956978157896319122

    und es gibt sogar eine Kinderreporterin, würde man hier sagen: ein 10jähriges Mädchen mit Namen Lama Jamous. Ich habe den Bericht über sie so verstanden, dass sie direkt aus Gaza und nicht über Gaza berichtet. Sie hat einen InstagramAccount https://www.instagram.com/lama_jamous9/ und jede Menge Follower

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    Annette Hauschild

    Noch was, lieber Martin: in dieser Situation in dem Vernichtungskrieg Israels gegen Gaza reicht es nicht, wenn man sich hinter internationalen Organisationen versteckt, wie die dju . Sie gehen geht der Schwierigkeit aus dem Weg, sich eindeutig GEGEN Israel positionieren zu müssen, zumindest in der Frage der Pressefreiheit und des Schutzes von Journalist:innen. Bei sowas ist jede einzelne Stimme wichtig, NUR DAS baut Druck in der Öffentlichkeit auf und zeigt “So geht’s nicht!”. Alles andere ist Schweigen, und Schweigen führt eben dazu, dass unsere Regierung sich nicht bewegt. Schweigen tötet. Wer schweigt stimmt zu.,

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    Annette Hauschild

    Warum bin ich so enttäuscht ?Die dju ist meine Gewerkschaft, und sie hat in den vergangenen Jahren Julian Assange sehr unterstützt. Grade Julian kämpft nach wie vor für die Pressefreiheit, So viele Journalisten, wie in Gaza umgebracht wurden, das kann man doch nicht wegschweigen!

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    Heinz Gierlich

    Es ist, wie Helmut Lorscheid schreibt, ein unfassbares Drama: sowohl das Schweigen des Journalistenverbandes zu den Morden an Journalisten im Gazastreifen als auch das Schweigen von Ver.di zu den Waffentransporten nach Israel – auf dass auch mit deutschen Waffen Zivilisten ermodet werden. Haben wir denn aus dem Drama der Nazi-Zeit nichts gelernt – oder vielmehr beschämend einseitige Schlüsse gezogen? Der israelische (!) Historiker Moshe Zuckermann trifft es auf den Punkt, wenn er von dem “widerlichen Phänomen der deutschen Solidaritätsideologie” spricht.

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    Martin Böttger

    Es gibt ziemlich viele Katastrophen und Verbrechen auf dieser Welt, zu denen in Deutschland geschwiegen wird, nicht nur von Journalist*inn*enorganisationen. Ich persönlich denke da aktuell an die Menschen im Sudan, die an Cholera verrecken, an die Flüchtlinge aus Somalia, Eritrea und Äthiopien, die dort und durch das Mittelmeer unter Lebensgefahr durchzureisen versuchen, und die EU-Europa mit Klimavernichtungspolitik und sicherheitstechnologischem Mauerbau zum Verhungern oder Ertrinken zu nötigen versucht. Meine Erregung hilft den Betroffenen erstmal nicht ….
    Auf eine relevante Stellungnahme zum deutschen Medienschweigen hatte ich hier hingewiesen, viel gelesen wurde es nicht:
    https://extradienst.net/2025/08/14/jalousien-hochziehen/
    Hier nur mal so als Beispiel ein kleiner Überblicks-Versuch:
    https://www.swp-berlin.org/publikation/neue-kriege
    Über den Nahostkonflikt wird in Deutschland ziemlich wenig geschwiegen. Wenn es positiv gesehen werden soll, dann insofern, dass es eine Konsequenz aus deutscherNS-Verbrechensgeschichte ist. Die Meinungen dazu gehen – wie in einer Demokratie üblich – recht weit auseinander, und die Erregung darüber ist gross. Geht es den lautstark raufenden Deutschen tatsächlich um die Opfer? Mein Verdacht: es geht mehr um die Raufenden selbst. Die Mächtigen verfolgen cool und schmerzfrei ihre Interessen, und belustigen sich an der Rauferei. Die Opfer sind der Gegenstand, mit dem was entlarvt oder bewiesen werden soll. Hilft es denen? Eher nicht.

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