Der US-Minister für Volksaufklärung und Propaganda durchforstet gerade die Museen und Dokumentationen, Ausstellungen und Gedenkstätten auf “unamerikanische Inhalte”. Sie wissen nicht was das ist? Alles “Woke”, aufklärerische, vermutet oder diffamiert linke, Liberale, LGBTQ-nahestehende, Minderheiten zugehörige, feministische, indigene oder verdächtig mit der Verfassung der Vereinigten Staaten Übereinstimmendes soll zum 250-jährigen Jubiläum der USA aus der Öffentlichkeit entfernt werden. Woher kennen wir das bloss?  Wo gab es das schon mal?

Ich habe mich immer gewundert, wie schnell es nach 1933 in Deutschland ging. Da trug ein Mitte 1933 erschienenes Buch über die Flugzeugfirma Junkers aus dem Fundus meines Vaters, selber Testpilot im 2. Weltkrieg, schon nach einem halben Jahr deutlich nationalsozialistische Handschrift. Vom Inhalt über den armen, unterdrückten Unternehmer Junkers, der nach dem 1. Weltkrieg nur Gabeln und Nähmaschinen bauen durfte, und das Vorwort des IHK-Vorsitzenden von Hannover mit “Heil Hitler” unterschrieben – ein knappes halbes Jahr nach der “Machtergreifung”.  Trump und sein Propagandaminister sind noch schneller.

Gleichschaltung durch feindliche Übernahme

Trump hat sich selber einfach einmal zum Kuratoriumsvorsitzenden des rennommierten Kennedy-Center gemacht, Diese Kulturinstitution, seit 50 Jahren mit Oper, Konzertsaal und renommiertem Theater unabhängig und für die Vereinigten Staaten von angesehenem Niveau, unabhängig von jeglichem politischen Einfluss, hat Trump kurzerhand unter seine Kontrolle gebracht und gleichgeschaltet. Wo einst Fernseh-Anchorman Walter Cronkite und Komponist Leonard Bernstein den Ton angaben, hat sich der Usurpator flachen Denkens im Handstreich zum Chef gemacht und die Kultur ihrer Unabhängigkeit beraubt. Damit übernahm der Kretin einen Hort liberalen Denkens in den USA, um dort die Preisträger für kulturelle Spitzenleistungen einfach mal selber zu bestimmen. Das hat er schon  getan und  die umstrittene Rockband Kiss, die jahrelang ihren Bandnamen mit SS-Runen schrieb, seinen nationalistischen Fan Sylvester Stallone  und allerdings auch die Disco Queen und LGBTQ-Ikone Gloria Gaynor als Auszuzeichnende benannt. Ansonsten hat er gemeinsam mit seinem Propagandaminister Vance alle Demokraten aus dem Verwaltungsrat geworfen und für die Absetzung aller Dragshows und Stücke mit irgendwelchem LGBTQ-Bezug gesorgt.

Zensur in allen Kulturbereichen

Was der präsidiale Kulturbanause und faschistoide Narziss beim Kennedy-Center noch selbst erledigt hat, lässt er bei den renommierten Smithsonian-Instituten und sämtlichen Museen von seinem Minister für Gegenaufklärung und Propaganda erledigen. Den Titel seines Dekrets “zur Wiederherstellung der Wahrheit und Reinheit der ameriknischen Geschichte” muß man sich auf der Zunge zergehen lassen. Die Zielbeschreibung “Entfernung aller spaltenden und parteiischen Narrative”, die etwa die Entfernung aller kritischen Hinweise auf Diskriminierungen aufgrund von Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Orientierung  verlangt, sprechen wohl eine deutliche Sprache. J.D. Vance, der sich erdreistete, den Europäern Gefährdungen der Meinungsfreiheit zu unterstellen, lässt nun sämtliche Konzepte und Kataloge der Smithsonian Institute auf ihm und seinen Denkkomplizen unliebsame Darstellungen überprüfen. Darüber hinaus müssen diese ihre wissenschaftlich-historischen Konzepte und Kataloge dem Weißen Haus zur Zensur vorlegen. Und für das Jahr 2026 kündigte Trump an, möglicherweise Trump auszeichnen zu wollen.

Das in der Tat wäre eine ganz besondere Art der Meinungsfreiheit.

Niemand soll sich darüber täuschen. Er tut damit das, was seine größten Fans auch in Europa bei AfD, Front National und Melonis Neofaschisten schon morgen gerne in die Tat umsetzen würden.

Über Roland Appel:

Avatar-FotoRoland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net