Palantir – das mag der talentierte Laie für ein neues Palmfett aus der Dose beim Dicounter halten, ein wenig schmierig, aber im Grunde völlig harmlos. Anderen stellen sich allein beim Wort die Nackenhaare hoch, sehen die Gesellschaft und Demokratie in Gefahr.
Es ist nur ein Stückchen Software, entwickelt für den Geheimdienst der USA von einem genialen Kopf: Alexander Karp. Der hat gefragt, was habt ihr, was wollt ihr.
Wer einmal in die Tiefen des eigenen Computers hinabgestiegen ist mit dem heroischen Ziel, Ordnung zu schaffen, ist sicherlich nicht nur einmal gescheitert. Das fängt damit an überzählige Kopien zu löschen, alte Bilder (unscharf, überbelichtet, zu klein, falscher Ausschnitt etc.) auszusortieren, das Grab der überalterten Backup-Dateien von irgendwelchen Programmen zu sichten, ja besser gleich löschen und viele andere nutzlose Dinge zu entsorgen. Auch ein ansehnlicher Platzfresser sind die unvollendeten Versuche gescheiterter Neuordnungen. Wer es allerdings schafft, atmet auf und findet mit einem Klick die gewünschten Dokumente.
Der Geheimdienst der Nordamerikaner hat zwangsläufig ganz andere Datenhalden zu durchdringen, weltweit zusammengeklaubt und abgelegt. Einen Überblick hatten die genauso wenig und jeder Auftrag endete bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Alexander Karp erkannte das Potential des Heuhaufens an sich, die gesuchten Nadeln fallen nebenbei mit ab. Und so ein Start-Up braucht einen Sponsor, Peter Thiel erkannte die milliardenschwere Verlockung und stieg ein.
In Alexander Karp sah er den hochbegabten Linksintellektuellen, der rechtzeitig scharf rechts abgebogen ist und ähnlich durchdrungen von einer Weltherrschaft, die nur zwischen Gut und Böse unterscheiden muss. Um zu sehen, wie effektiv der Teufel arbeitet, ist Alexander Karp, der jüdische Wurzeln hat, nach Deutschland gereist, hat hier Philosophie – noch bei Habermas – studiert und ist nach seiner Promotion zurück in seine Heimat, USA. Ein Podcast von NZZ Akzent beschreibt ihn mit „Die umstrittene Macht des CEOs Karp“
Palantir wurde die Chance. Sehr viel und teure Entwicklungsarbeit, aber einen Zugriff auf unendliches Datenmaterial. Allein das ist eine Herausforderung, gesteigert durch das, was zusätzlich im Internet greifbar ist und frei verfügbar. Angereichert mit Social-Media-Perlen – ein breites Feld intimste und berufliche Details abzugreifen und dem Datenschatz beizugeben.
Und wenn KI sinnvoll einzusetzen ist, dann in diesem Umfeld. Muster zu erkennen, ist eine Sache. Die möglichen Schlüsse daraus mit Wahrscheinlichkeiten zu berechnen und konkrete Vorhersagen zu treffen, das Meisterstück. Alexander Karp sagt über seine Software, dass sie Menschen töten kann, ganz ohne Gerichtsverfahren. Gerne wird kolportiert, dass Osama bin Laden auf das Konto von Palantir geht, aber sie kommentieren grundsätzlich keine Gerüchte. Sie kommentieren nichts, was sicherlich besser ist. Sie müssen in dem Fall auch nichts sagen, wenn die Falschen gemeuchelt wurden. In der ARD-Mediathek empfehle ich einen Beitrag der die Welt von Palantir und Alexander Karp näher beleuchtet.
Wir müssen uns darauf verlassen, dass Palantir richtig arbeitet. Und weil die Software brandgefährlich ist, verkauft sie Alexander Karp nur an die Guten der Welt – die sprechen zuvörderst englisch, aber definitiv kein russisch oder chinesisch. Weil Alexander Karp auch deutsch spricht, haben wir das Privileg und dürfen Palantir einsetzen – und bezahlen.
Wie Peter Thiel sieht auch Alexander Karp einen Zielkonflikt zwischen Freiheit und Demokratie, was aber die verantwortlichen Politiker nicht hindert, wahrscheinlich noch beflügelt, Palantir zur Polizeiarbeit einzusetzen.
An diesem Punkt trifft der Himmel auf die Hölle, wenn der zur Genialität neigende hochbegabte Alexander Karp mit einem milliardenschweren Unternehmen im Rücken auf deutsche Beamtenseelen und unsere politische Elite trifft, die sich mit dem intellektuellen Charme einer halben Bockwurst zum Brot macht.
Alexander Dobrindt, Chefkomiker des Innenministeriums, möchte – über Widerstände hinweg – Palantir bundesweit einführen, weil es konkurrenzlos sei. Bleibt die Frage, was macht Palantir, was wir nicht können? Aus einem Heuhaufen unterschiedlicher Datensätze Informationen extrahieren. P20 war unser Versuch mit unseren Daten selbst zu arbeiten. „Durch das Programm P20, auch bekannt unter dem Namen ‘Polizei 20/20’, erhalten die Polizeibehörden in Deutschland im Rahmen der Digitalisierung eine harmonisierte und einheitliche IT-Architektur. Dies soll eine beschleunigte und effektivere Polizeiarbeit mit besseren Erfolgschancen ermöglichen.“ lesen wir bei egovernment.de
Um das abzutöten, musste Dobrindt nicht viel tun, einfach die Fördermittel streichen. Ich schätze, Alexander Karp hätte es nicht weit gebracht, wenn Peter Thiel ihm die „Fördermittel“ für Palantir gestrichen hätte.
Um mögliche Konkurrenz zu Palantir komplett vom Tisch zu wischen, ist nur ein Wort notwendig! In der Ausschreibung für die Polizeisoftware steht, dass nur „markterprobte“ Software zum Einsatz kommen darf, berichtet auch die Tagesschau zu Palantir
Wenn die Nordamerikaner eine Ausschreibung machen, so kommen bei Regierungsaufträgen nur Firmen mit Sitz in den Staaten zum Zug, egal, wie „markterprobt“ die Software ist.
Es sind die grauen Schatten, die hinter Poltergeistern wie Trump stehen und mit ihrem Geld die Macht steuern, im Sinne einer Freiheit, die nichts mit Demokratie zu tun hat. Mit ihren digitalen Speeren durchdringen sie skrupellos politische Archiktekturen.
Europa ist in der Rolle von „Jean Pormanove“ alias „JP“, der sein Geld damit verdienen musste, sich auf der Reality-Plattform Kick übel beleidigen und schlagen zu lassen, natürlich vor laufender Kamera, finden wir im Feuilleton der NZZ.
Seine Zuschauerzahlen schnellten regelmäßig in die Höhe, je brutaler er zugerichtet wurde. Dennoch beteuerte er stets, er mache es freiwillig. Ich nehme an, der letzte Auftritt, den er mit dem Leben bezahlte, war auch freiwillig – bis zur letzten Sekunde, live.
Kann sein, dass wir so etwas auch als Freiheit verstehen sollen.
Da sieht man, Studium selbst bei Habermas in Frankfurt macht nicht halt vorb Verirrungen und Verwirrungen. Habermas wehrte sich gegen technische Verdingleichung, sein Zögling Karp gesponsort von Medienliebling Peter Thiel aber schafft mit Palantir endlich die vernetzte Überwachung, vor der es die Generation vor einem 1/2 Jahrhundert noch gruselte. Aber es gibt ja Windows Defender, den Iron Dome des Deutschen Michels.