Donald Trump will wieder mal Frieden stiften “ich habe schon sieben Kriege beendet oder noch mehr…”, indem er mit stümperhaften Vorschlägen hohe publizistische Wellen schlägt. Und schon jetzt ist zu befürchten, dass sein “Friedensplan” sich am Ende um eine Alibi-Veranstaltung herausstellen könnte, die Netanjahu freie Hand gibt, in Gaza weiter militärisch zu wüten.

Angeblich haben “alle beteiligten” arabischen Staaten, darunter Katar, Saudi-Arabien und Jordanien (von den direkten Nachbarn Syrien und Libanon war keine Rede), sowie Israel dem Abkommen zugestimmt, dessen Text und Details bis heute nur in Bruchstücken bekannt sind. Es soll einen sofortigen Waffenstillstand, die Entwaffnung der Hamas, die Abgabe der Waffen und eine Amnestie für Kämpfer, die der Hamas abschwören, enthalten, die sofortige Freilassung der lebenden und toten Geiseln, einen schrittweisen Rückzug der israelischen Armee ohne Zeitplan und die Einsetzung einer Übergangsregierung aus palästinensischen Experten und einer internationalen  Beteiligung. Nach Trumps Worten hat die Hamas “nun einige Tage Zeit”, um sich eine Antwort zu überlegen. Nach der Erfahrung internationaler Beziehungen und Konflikte ist das ein Ultimatum und kein Verhandlungsangebot. Außenminister Wadephul nennt das eine “einmalige Chance”. So kann nur einer sprechen, der keinerlei außenpolitische Erfahrung hat. Wie Trump.

Warum sollte sich die Hamas freiwillig auflösen?

Unterstellt, die Hamas stünde wirklich unter verzweifeltem politischem Druck, warum sollte eine terroristische Organisation, die den menschenverachtenden Terrorüberfall auf Israel geplant und durchgezogen hat, wobei sie die Folgen eiskalt einkalkuliert hat, nun plötzlich auf ihre Märtyrerrolle verzichten? Denn bisher ist von einer Zwei-Staaten Lösung an keiner Stelle die Rede, Netanjahu hat eben wieder vor der UNO erklärt, dass es die Zwei-Staaten-Lösung und einen Palenstinenserstaat mit ihm nicht geben wird – was soll da die Lösung sein?  Niemand muss Diplomat sein, um zu erkennen, dass es sich hier um ein Angebot handelt, das die Hamas kaum annehmen kann und wenn doch, dann muss damit gerechnet werden, dass große Teile der Terroristen dies nur zum Schein tun, die Gefahr, die von ihnen ausgeht, nicht beseitigt wird. Wer aber die ideologische Ausrichtung der Hamas kennt und berücksichtigt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müssen, dass die Hamas so zynisch handelt, dass sie den Untergang im vorgeblichen Interesse Palästinas und damit eine nachhaltige Märtyrerrolle der Kapitulation vorziehen wird. Denkbar ist auch, dass die Hamas und ihre Anhänger sich in den kommenden Tagen politisch “Tumult” spielen werden und die Schwächen des angeblichen Abkommens strategisch ausnutzen, denn die gibt es zuhauf.

Ein typischer Trump-Chaosplan

Das Muster Trump’scher außenpolitischer Desaster lässt sich am Gipfeltreffen mit Putin klar ablesen. Erst hat er von Europa verlangt, Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einem fiktiven Waffenstillstand zu debattieren – den es bis heute nicht gibt. Sodann hat er mit Riesengetöse und Pomp Putin in Alaska getroffen, ihn liebevoll gehätschelt, mit ihm gemeinsam Panzerauto gefahren und ihn diplomatisch geadelt, wobei seine völlig unpräzisen und eklektischen Forderungen im Laufe des Treffens irgendwohin diffundierten, bis er Putin wieder auf den Leim gegangen war. Vielleicht, weil er sich ohnehin nur Putins Stillhalten im UN-Sicherheitsrat für den Fall versichern wollte, dass die USA demnächst Grönland gegen jedes Völkerrecht annektieren und/oder besetzen. Außer heißer Luft wurde nichts erreicht!

Nach inzwischen monatelanger Verschärfung des Kriegs durch Russland musste Trump einsehen, dass er bei Putin nichts erreicht hat, und stellte sich auf den Standpunkt, er sei jetzt aber wirklich sauer auf Putin, die Unterstützung der Ukraine sollten die Europäer übernehmen, denen er gerne die dafür notwendigen Waffen zum vollen Preis verkauft – so könne die Ukraine alles zurückerobern. Und dafür möchte er sofort den Friedensnobelpreis haben.

Ein windiger Plan voller Hintertüren

Weil sich Trump nicht um Details kümmert, die ihn auch nicht interessieren, ist ihm völlig egal, ob seine Lösug tragfähig ist und zu einem wirklichen Interessenausgleich führen kann. Wie aber kann ein Plan die Interessen der Palästinenser – nicht der Hamas – enthalten, in dem von einem Palästinenserstaat überhaupt keine Rede ist? Was soll mit Hamas-Kämpfern geschehen, die zwar entwaffnet worden sind, aber ihre politischen Pläne nicht aufgeben? Woher soll die Übergangsverwaltung rekrutiert werden, die Gaza in einer Übergangs- und Wiederaufbauzeit verwaltet. Und wer soll Recht und Gesetz durchsetzen, solange es dort noch nicht die in Zukunft geplante Polizei gibt? Welche Staaten werden hierfür Truppen entsenden und wieviele? Wie überhaupt soll das angebliche Gremium aussehen, das die politische Kontrolle des Prozesses der Befriedung überwachen soll? Donald Trump selbst, Tony Blair und andere sollen dazu gehören – das klingt mehr nach einem Golfclub von Frühstücksdirektoren, als nach einer Not- oder Übergangsregierung.  Und wie soll es weitergehen – wie soll es ohne eine gestärkte und gemäßigte palästinensische Regierung, die Nethanjahu nicht zulassen wird, zu etwas anderem kommen, als wieder zu einem Erstarken islamistischer Extremisten? Nach wie vor gibt es keinerlei Pläne für einen Staat Palästina, es gibt kein arabisches Land, das bereit wäre,  ehemaligen Hamas-Funktionären Exil anzubieten, weil sie niemand haben will und um die eigene Sicherheit fürchtet. Wie soll ein solch stümperhafter Plan, der die Kernfrage der Zwei-Staaten-Lösung einfach ausklammert, funktionieren?

Will Trump die Okkupation des Westjordanlands aufhalten?

Erst vor Kurzem hat die rechtsextremistische Regierung Netanjahu die weitere illegale Besiedlung des Westjordanlands beschlossen. Eine israelische Regierung müsste aber, um die Zwei-Staaten-Lösung durchzusetzen, den illegalen jüdischen Siedlern ein Ultimatum stellen, das Westjordanland zu verlassen und dies mit Sicherheit auch mit militärischer Gewalt gegen die jüdisch-extremistischen Orthodoxen durchzusetzen bereit sein. Davon ist aber nicht einmal eine Spur eines Gedankens in Trumps Plänen zu erkennen. Netanjahus Extremisten werden das niemals zulassen. Was also ist dieser Plan anderes, als ein aufgeblasenes Luftschloss oder  potemkinsches Dorf? Ein Trugbild, dessen marodes Fundament nicht einmal einem lauen diplomatischen Lüftchen, geschweige denn einem massiven gewalttätigen Sturm standhalten kann? Einem ideologischen und physischen Dauerbeschuss durch die seit Jahrzehnten eingegrabenen Extremisten beider Seiten in ihren ideologichen Schützengräben, von denen aus jede Seite die andere ins Meer werfen will?

Die nächste Nullnummer in Vorbereitung?

In den kommenden Tagen und Wochen wird sich erweisen, ob es wirklich eine Chance für die Menschen vor allem im Gaza-Streifen, aber auch in Israel und im Westjordanland gibt, das Morden und Aushungern endlich zu beenden und die Hölle Gaza in etwas anderes zu verwandeln, als ein riesiges Trümmerfeld und Massengrab. Ein Ende für die Hölle der unschuldigen Geiseln der Hamas und ein Ende deren zynischer Terrorstrategie, die es bisher immer wieder geschafft hat, Teilen der arabischen Welt und Palästinas vorzugaukeln, sie morde im Interesse der Palästinenser und ihrer Unabhängigkeit.

Der Vabanque-Spieler Trump hat seine Partie eröffnet. Dass er diesmal gewinnt, ist mehr als unwahrscheinlich, auch wenn eine friedliche Lösung und Beendigung der Hölle den betroffenen Geiseln, ihren Familien, den Plästinensern und den Menschen in Gaza zu wünschen wäre.

 

Über Roland Appel:

Avatar-FotoRoland Appel ist Publizist und Unternehmensberater, Datenschutzbeauftragter für mittelständische Unternehmen und tätig in Forschungsprojekten. Er war stv. Bundesvorsitzender der Jungdemokraten und Bundesvorsitzender des Liberalen Hochschulverbandes, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP bis 1982. Ab 1983 innen- und rechtspolitscher Mitarbeiter der Grünen im Bundestag. Von 1990-2000 Landtagsabgeordneter der Grünen NRW, ab 1995 deren Fraktionsvorsitzender. Seit 2019 ist er Vorsitzender der Radikaldemokratischen Stiftung, dem Netzwerk ehemaliger Jungdemokrat*innen/Junge Linke. Er arbeitet und lebt im Rheinland. Mehr über den Autor.... Sie können dem Autor auch im #Fediverse folgen unter: @rolandappel@extradienst.net