Im Rahmen meiner Mediendiät bewährt sich eine Lesegewohnheit, die sehr, sehr viele, vielleicht sogar eine Mehrheit ehemaliger “Zeitungs-“Leser*innen pflegen: hinten anfangen. Das geht auch im Zeitalter der Digitalisierung. Bei der taz heisst das “Die Wahrheit”.
Dort haben heute die Bayern die Macht ergriffen. Freilich ist einer von ihnen, der mit der schädlichen Berlin-Sozialisation, nicht vor der in der Hauptstadt der Flitzpiepen üblichen Gehässigkeit gegen Gelsenkirchen gefeit. Andreas Rüttenauer (“lebenslänglich Bayer”, und gerade deswegen 60zger-Fan) prahlt: “Teures Pflaster München – Lebenslänglich Bayer: Die bayerische Landeshauptstadt kann stolz auf sich sein, sie hat bei Mietpreisen ein europäisches Spitzenniveau erreicht.”
Ich bin sicher, Bonner Vermieter*innen und Immobilienhaie, endlich repräsentiert durch einen passenden Oberbürgermeister, werden sich von der Münchner Konkurrenz nicht lange lumpen lassen. Hier bei mir nebenan in der Rheinaustrasse, vor dem Deich, also für jedes Hochwasser erreichbar, gibt es keine Wohnung unter einer Million mehr zu kaufen.
In Gelsenkirchen dagegen gibt es eine “helle 2-Zimmer Wohnung mit Balkon, 61 qm” im mondänen Stadtteil Horst, also meinem Geburtsort, schon für 430€ kalt. Von hier fährt die U-/Stadtbahn umsteigefrei bis zur Uni Essen/Duisburg – wenn ihre Generalsanierung fertig ist. 😉 Wer ist für solche Wohnangebote nicht freiwillig weniger “glücklich”?
Durchfall
Entschuldigen Sie, wenn ich das Thema vor dem Mittagessen anschneide. Es gibt ihn in vielen Ausprägungen. Der gebürtige Nürnberger Jürgen Roth diagnostiziert ihn lebenslänglich in der Sprache, und hat sich heute mal wieder eines besonders schweren Falls angenommen:
“Plappern mit der Spaßmamsell – Im Deutschen Bundestag wird sehr viel geredet – und heraus kommt ein einziger Sprachdurchfall, vor allem wenn Dorothee Bär (CSU) ans Pult tritt.”
Phönixgucken wird eben regelhaft bestraft. Mein Mitautor Roland zählt das auch zu seinen Lebensgewohnheiten, allerdings zu gänzlich anderen Sendezeiten als Roth. Die beiden könnten einen 2-Schicht-Betrieb fahren. Mein Tipp: Phönix wird eines Tages dichtgemacht zugunsten von Tagesschau24 und ZDFinfo.
Ein ganz anderer Durchfall hat die Türkei ereilt. Die FAZ hat einen FAS-Beitrag wohlweislich digital eingemauert, der richtig feststellt: “Sucht nach Sportwetten: Wie Koks auf Klick – Immer mehr Menschen sind süchtig nach Sportwetten. Der Fußball verdient mit ihnen Millionen.” Das ist ja schon aussergewöhnlich kriminell. Aber die deutsche Medien- und Fussballökonomie ist darauf gebaut. Und nicht nur die.
Wie das in einer Gesellschaft zugeht, die gänzlich von rechtsstaatlichen Fesseln zugunsten angeblich klar entscheidender Despotie “befreit” ist, das ist derzeit im Despotenland Türkei zu besichtigen, in der taz nur kurz rückwärts “blättern”:
Ali Çelikkan: “Wettmanipulation im türkischen Fußball: Süper-Skandal – Die Türkei erschüttert eine angeblich große Affäre um Fußballwetten. Die Aufarbeitung wird durch willkürliche Sport- und Staatsjustiz erschwert.”
Haben Sie noch den Überblick? Was wird der grosse Führer der Nation dazu sagen? Mein Tipp: sein Clan ist der Einzige, der damit absolut nichts zu tun hat.
Korrektur: Jürgen Roth ist garnicht Nürnberger, sondern geborener Berleburger, regelmässig kältester Ort in NRW, und also ist er Sauerländer, noch tiefer bzw. höher als der Briloner.

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