Bei mir dagegen wurde ein Klischee gebrochen – mnmussochjönnekönne

Mit meiner Ruhrpott-Sozialisation löst ihre Familiengeschichte, wie sie bei Wikipedia hinterlegt ist, Fluchtreflexe aus. Als ich sie das erste Mal in der Glotze sah, mobilisierte ihr Familienname, der komplett gar nicht auf den Bildschirm passen würde, in mir ARD-typischen Inzestverdacht. Ihr “entfernter Verwandter” – Adelsgeschlechter sind gross – war mir in Erinnerung, er segelte auf so manchem CDU-“Ticket” die Karriereleiter hinauf.

Sophie von der Tann hat es bei mir als TV-Konsument also schwer. Daran gemessen muss ich heute sagen: sie arbeitet hart und sie arbeitet gut. Dass das einerseits schon Preisverleihungen auslöst, und andererseits Shitstorms jener, denen das nicht passt, zeugt von der Deformation der real existierenden Mediendiskurse. Wo Krieg ist, ist das “normal”. Deutschland übt schon mal …

Frauen sind oft selbst ihre schärfsten Kritikerinnen. Das fiel mir schon bei der ebenfalls im besonders schwierigen Bayrischen Rundfunk aufgestiegenen Natalie Amiri auf. Dieser Typus ehrgeizige und leistungsstarke Frau will sich selbst, ihren Mitmenschen und ihrer Umwelt was beweisen: egal welcher Herkunft, sie können es. Ich fürchte, auch die aktuelle Ikone der Rechten Julia Ruhs ist davon getrieben.

Der Unterschied ist: Frau Ruhs will missionieren, die Frauen Amiri und von der Tann wollen Journalismus. Sie benötigen keine Preise. Die Beweise liegen vor. Mein Rat: nicht nur arbeiten, auch mal Pause machen und was Schönes geniessen. In diesem Job ist das lebensnotwendig, u.U. lebensrettend.

Und dann Mund abputzen, weitermachen. Und: danke!

Über Martin Böttger:

Avatar-FotoMartin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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