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FAZ-Klimaalarm

Der einsame Rufer aus dem Wissenschafts-Ressort

Er hat hier in der Nähe Biologie studiert. Und in Madagaskar. Nach einem zweijährigen Volontariat bei der Kölnischen Rundschau wanderte er weiter nach Frankfurt, und hat es bei der in relevanten Teilen klimawandelleugnenden FAZ zum Ressortchef gebracht: Joachim Müller-Jung. Seine Warnrufe sind selbstverständlich vollständig digital eingemauert. Denn sie könnten Teile der Bevölkerung verunsichern. In Teilen.

Ich habe nun seine neuen Berichte aus der Ozeanforschung für Sie gelesen. Und kann Ihnen kostenfrei übermitteln: nichts davon ist beruhigend. Die Ozeane bedecken zwei Drittel der Oberfläche unseres Planeten. Sie sind also in Fragen des Klimawandels quasi der Chef. Und dass die sich erwärmen, das weiss heute jedes Kind, selbst mit Social-Media-Verbot. Müller-Jung berichtet nun von den Gletschern am Südpol, von denen einer “so gross wie Grossbritannien” sei. Und dessen Schmelze kein Bremspedal mehr findet.

Die menschengemachte Wärme, die die Ozeane selbstverständlich aufnehmen und speichern, wird von ihnen in grossem Umfang nach unten transportiert, sie bilden eine Art natürlichen CO2-Speicher. Bedrohen uns alle und unsere Klimaschutzbemühungen allerdings mittel- und langfristig permanent mit CO2-“Rülpsern”, die eine Politik, nehmen wir nur mal so als optimistisches Beispiel, wie sie etwa Jürgen Trittin vorschwebt, um Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte zurückwerfen kann. Das ist sicher auch für all die grassierenden technikfetischisierenden Träumereien von “CO2-Entnahme” und “-speicherung” wissenschaftlich relevant. Oder? Ein Atommüll-Endlager ist ja auch noch nicht gefunden, ein “sicheres” sowieso nicht …

Diese in der Tiefsee gespeicherte Wärme kann auch aggressiv: sie greift gletschergrosse Eisberge auch von unten an. Der Atlantik wird mit sowas extrem humorlos. Und gäbe allen Anlass zu ganz anders gearteten “Partnerschaften”, als sie bisher Gewohnheit sind.

Müller-Jung zitiert in einem zweiten Text die Potsdamer Klimaforscher René M van Westen und Stefan Rahmstorf, sowie weitere Mitautoren, die in der Fachzeitschrift „Environmental Research Letters“ in englischer Sprache ungefähr das meinen: “Entscheidend ist, dass die Tiefenkonvektion in vielen Modellen schon im nächsten Jahrzehnt zum Erliegen kommt, und das ist der Kipppunkt, der für den nördlichen Teil des AMOC das endgültige Versiegen bedeutet, aus dem sich die Strömung dann erst in Jahrhunderten wieder erholen könnte, wenn überhaupt“.

Übersetzt durch Müller-Jung: die meinen die Winter-Heizung Europas, den populären “Golfstrom” (“AMOC/Atlantische Meridionale Umwälzzirkulation”), den Touristen-Guides in den eisfreien Häfen Norwegens als “unseren besten Freund” bezeichnen. Die genannten Autoren warnen, dass der berüchtigte Kipppunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erst im nächsten Jahrhundert, sondern schon im nächsten Jahrzehnt erreicht werde. Weil in den Ozeanen und ihren Strömungen wie im gesamten Ökosystem des Planeten alles mit allem zusammenhängt und beeinflusst wird.

So ist es ja auch in der Politik. Wann wird mann je verstehn? (zit. Marlene Dietrich)

Über Martin Böttger:

Avatar-FotoMartin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger

Ein Kommentar

  1. Avatar-Foto
    Gilbert Kolonko

    Da braucht es keinen Kommentar.
    Aber ein Danke, dass du trotzdem auch Morgen hier weiter machst!

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