von Dagny Schwarz

Beuel ist einer der dynamischsten Stadtteile Bonns. Mit der Dynamik kommen aber auch Straßenlärm und Flugverkehr, dazu Lärm durch die Bundesbahn. Ausmaß und Folgen von Lärmbelästigungen im Wohnumfeld diskutierte der Grüne Ortsverein Beuel letzte Woche mit Bürgerinnen und Bürgern im Odeon Bistro.
Die Situation, Erkenntnisse zu gesundheitlichen Folgen von Lärm und Handlungsmöglichkeiten stellte Dr. Detmar Jobst, Hausarzt und Gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen Ratsfraktion Bonn, vor: Umgeben und durchzogen von einer ganzen Reihe von Bundesstraßen und Autobahnen, durchquert von einer der befahrensten Schienenstrecken und in Nähe zum Flughafen Köln/Bonn sowie dem Luftlandeplatz in St. Augustin-Hangelar, ergibt sich für Beuel eine hohe Lärmbelastung aus verschiedenen Emittenten, die insgesamt viele Bürgerinnen und Bürger betrifft und teilweise sogar bis über den Rhein in die Innenstadt ausstrahlt. Die Anwesenden stimmten dieser Aussage lebhaft zu.

Gesundheitliche Folgen von Fluglärm sind, wie Detmar Jobst weiter ausführt, in medizinischen Studien gut nachgewiesen. Insbesondere sind dies Bluthochdruck, mit entsprechenden Folgeschäden, sowie zunehmendes Herzinfarktrisiko. Bei Kindern steigt auch die Häufigkeit von Lernstörungen. Unter anderem wurde dies in den letzten Jahren mit Daten von vielen Patienten speziell für den Flughafen Köln/Bonn von Dr. Eberhard Greiser und Claudia Greiser (Epi.Consult GmbH) im Auftrag des Umweltbundesamt untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass stressbedingte Erkrankungen wie Hypertonie, Schlafstörungen und Depressionen auch eine häufigere Verschreibung von Medikamenten zur Folge haben – dies in direkter Abhängigkeit vom Fluglärm des Flughafens Köln-Bonn.

Zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm hat die Europäische Union die Europäische Umgebungslärmrichtlinie erlassen. In Reaktion darauf sind heute zur Lärmbelastung in Wohngebieten in Deutschland umfangreiche Datenmaterialien verfügbar. Die gesetzlichen Grenzwerte, ab denen Maßnahmen ergriffen werden müssen, liegen bei 70 dB(A) tagsüber, nachts bei 60 dB(A). Die Karten zur Lärmbelastung werden allerdings mit gemittelten Werten für “Dauerschallereignisse“ erstellt. Das bedeutet, dass einzelne Emittenten, z.B. Flugzeuge, in den Berechnungen nicht sehr stark ins Gewicht fallen: Eine Dauerlärmbelastung durch Großflugzeuge ergibt sich für Beuel bei einer solchen Berechnung nicht.

Was den Flughafen Köln/Bonn betrifft, besteht eine Regelung, der zufolge Flugzeuge erst ab einer bestimmten Höhe (5000 Fuß) in Richtung Westen abdrehen dürfen, um nach Westen (Antwerpen) zu fliegen. Wenn sie diese Höhe noch nicht erreicht haben, müssen sie zunächst weiter Richtung Süden fliegen. Immer wieder wird, so die Erfahrung einiger der rund zwanzig anwesenden Bürgerinnen und Bürger, diese Regel jedoch nicht eingehalten. Zudem wird berichtet, es gebe einzelne Maschinen, die viel lauter seien als andere.

Dr. Jobst erläutert dazu, dass alte Frachtmaschinen besonders laut seien. Neuere Flugzeuge seien sehr viel leiser, die alten würden nur nach und nach ersetzt. Zu den Flugbewegungen in Köln/Bonn empfiehlt Jobst, bei Bedarf online über die Travis-Flugbeobachtung nachzuverfolgen, wer wann geflogen ist. Die Daten sind dort in verzögerter Echtzeit sowie für die letzten zwei Monate verfügbar und erfassen alle Flüge in Köln/Bonn und Düsseldorf. Bei einer Meldung an die Deutsche Flugsicherung DFS prüfe diese, ob die bestehenden Regeln von dem jeweiligen Flugzeugführer eingehalten wurden, und würde andernfalls die Fluggesellschaften abmahnen.
Ein weiteres schon seit Jahren viel diskutiertes Problem für Beuel ist der Luftlandeplatz Hangelar. Es handelt sich, so Detmar Jobst, mit 28.000 Starts 2015 von Motorflugzeugen um den verkehrsreichsten Platz dieser Art in NRW. Die Stadt Bonn lehne die Verantwortung für den Lärmschutz im Zusammenhang mit Hangelar ab und verweise auf den Lärmschutzbeirat Hangelar. Er selbst bemühe sich seit Jahren als stellvertretendes Mitglied im Aufsichtsrat des Flugplatzes Hangelar um Verbesserungen für die Anwohnerinnen und Anwohner. Hier, so seine Erfahrung, treffe man jedoch auf erhebliche Wiederstände und komme, wenn überhaupt, nur sehr langsam voran. Dies führt er auch auf eine sehr gute Vernetzung und Lobbyarbeit der in Hangelar aktiven Hobbypiloten zurück. Zugenommen hätten auch die Hubschrauberstarts auf nahezu 5000 p.a.

In der Diskussion wird vor allem eine wachsende Frustration über die wahrgenommenen mangelnden Einflussmöglichkeiten beziehungsweise die geringen Erfolge bisheriger Aktivitäten zum Ausdruck gebracht. Dr. Jobst stellt verschiedene Initiativen zum Thema vor, so die inzwischen nicht mehr aktive, aber sehr erfolgreiche Vereinigung Ärzte gegen Fluglärm in Siegburg. Eines der Mitglieder wurde für seine Arbeit ausgezeichnet. In Bonn selbst gibt es unter anderem die den AK FLIB (Fluglärm im Beuel), die Bürgerinitiative gegen Fluglärm und den AK Hubschrauberlärm in Hangelar.

Neben der möglichen Beteiligung an diesen Initiativen empfiehlt Dr. Jobst den interessierten Gästen vor allem, Bürgeranträge zum Thema zu stellen. So werde die Aufmerksamkeit von Politikern erregt. Solche Anträge seien besonders dann ein wirksames Mittel, wenn sie immer wieder gestellt würden. Auch Leserbriefe und Anrufe bei den Lokalredaktionen fänden große Beachtung. Zuletzt weist Jobst noch darauf hin, dass auch beim Thema Lärmschutz im Zusammenhang mit den Bundesstraßen und Autobahnen um Beuel großer Handlungsbedarf besteht, und regt an, die Grünen wie auch betroffene Bürgerinnen und Bürger sollten diesem Thema zukünftig mehr Aufmerksamkeit schenken.

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