Mein ehemaliger Mitbewohner und Extradienst-Autor Ali Mahdjoubi hat, wenn meine Erinnerung noch korrekt ist, fünf ältere Brüder. Die haben Medizin studiert. Nur Ali wich ab: er studierte Hydrogeologie in Baku, damals noch UdSSR. Alle flohen vor dem Mullahregime nach Europa. Alis Brüder stärken jetzt das Gesundheitssystem Deutschlands und Europas. Er selbst stärkt die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth durch seine vielsprachige Mitarbeit.
Sie alle fehlen jetzt dem Iran, in dem sich – schon vor dem Pandemie-Ausbruch – seit Jahren eine Gesundheitskatastrophe abspielt, die ohne, dass es die breite Öffentlichkeit zur Kenntnis nimmt, vermutlich das schlimme Geschehen in Italien noch übertreffen wird. Marmar Kabir/LeMonde diplomatique berichtet.

“Social Distancing” – Luxus der Superreichen

Einen Eindruck aus Indien gibt FAZ-Korrespondent Christoph Hein, mit Ergänzungen aus anderen bevölkerungsreichen Ländern (Indonesien!). Die FAZ hat diesen Text übrigens u.a. und mit vollem Recht in ihr Finanzressort eingeordnet. Denn die – nur scheinbar – grenzenlose Vermehrung und Verteilung von Geld durch Währungsfond, Zentralbanken und nationale Regierungen, um die globale und die nationalen Ökonomien nicht zusammenbrechen zu lassen, funktioniert nur, so lange Vertrauen da ist. Vertrauen ist die entscheidende Währung. Wenn es durch in kurzen Abständen wiederkehrende Virusausbrüche untergraben wird, dann …
Beide Texte zusammen machen klar: wenn “wir” hier eines Tages frei von Neuerkrankungen werden, wie jetzt Wuhan, ist die Gefahr nicht vorbei, könnte also jederzeit auch politisch reaktiviert werden (ob verantwortungsvoll oder missbräuchlich, dürfte gewiss Streitgegenstand werden). “Besiegt” wird das Virus erst, wenn “wir” als Teil der “internationalen Gemeinschaft”, solchen katastrophenbedrohten oder -betroffenen Ländern – mit zu Recht verhassten diktatorischen Regimes! – gesundheitspolitisch zu Hilfe eilen, statt sie zu isolieren und verrecken zu lassen. Das Virus würde nämlich nicht mit verrecken. Es käme zu “uns”, auch zu den Reichen und Herrschenden zurück.
Wie lange brauchen “wir” wohl, das zu lernen?

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net