Megan for President?
100.000 € sind am sicheren Ufer, jährlich. So hoch ist die Aufwandsentschädigung für ein Aufsichtsratsmandat bei der Deutschen Bank. Die betrachtet sich aktuell als “Teil der Lösung”. Fragt sich nur: von welchem Problem genau? Sigmar Gabriel hat das Mandat jetzt sicher, und ist damit Kreditgeber des “mächtigsten Mannes der Welt” – über dem noch drüber, dass müsste Sigis Traumjob sein. Bei Wikipedia wird Marc Beise zitiert, Wirtschaftsressortchef der SZ und wahrscheinlich noch nie im Leben SPD-Wähler: dass die Bank „von seiner Erfahrung und Persönlichkeit“ profitieren würde und darüber hinaus die Gesellschaft, da „eine funktionierende Großbank gut ist fürs Land“. Na dann.
Der von Helmut Lorscheid gepriesene Rolf Mützenich ist das sozialdemokratische Gegenmodell zu Sigi – so ging es aus diesem kenntnisreichen Porträt von Wolfgang Michal/Freitag hervor. Ein Muster für die Opposition der Zukunft?
Das Muster für die Grüne Mit-Regierungspartei der Zukunft liefert Maja Göpel. Sie baut eine vordergründig harmlos-vernünftig wirkende Brücke, über die das Grosskapital gehen müsste, um die gegenwärtig vorherrschende Konsensrepublik weiter zu beatmen. Ich glaube nicht daran, aber behalte gerne unrecht. Mützenichs klar bezogene Position bleibt in diesem Zusammenhang eine Leerstelle. Aussenpolitik entscheidet in Deutschland keine Wahlen mehr, wurde dem breiten öffentlichen Diskurs erfolgreich entzogen, und wird nur noch in Expert*inn*en-Communities erörtert.

Und in den USA?

Konrad Ege/Freitag beschreibt die Kellersituation der oppositionellen US-Demokraten, selbstverursacht, wie auch die Unmöglichkeit einer grün-rot-roten Alternative hierzulande. Hier wird die CDU in NRW am 13.9. die Kommunalwahlen wahlkampffrei durchziehen, um auf diese Weise zum vermutlich letzten Mal für fünf Jahre zahlreiche wichtige Amstssessel und Verwaltungsschalthebel für sich zu sichern. Aus dieser Position der Stärke werden dann im nächsten Jahr die Grünen in den Koalitionsschwitzkasten genommen. Briefwahlstimmen werden im September entscheiden, denn Wahllokale wird es coronabedingt nicht viele geben. Das ist es, was Donald Trump bei sich fürchtet. Das Briefwählen könnte in den USA (Link zur FAZ entfernt, weil er erneut nachträglich hinter Paywall eingemauert wurde), in Swing-States zumal, die Wahlbeteiligung für ihn gefährlich erhöhen. Wenn die Demokraten nicht so blöd wären …
Die stellen sich so elend dar, dass sogar eine Fußballerin, zweifellos eine der Besten, den politischen Diskurs aufzumischen vermag. Megan Rapinoe will zwar gar nicht Präsidentin werden. Aber allein, dass sie es auch nicht rundweg ablehnt, angesichts dessen, wer dieses Amt alles kapern darf, sorgt schon für Aufsehen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net