Katja Dörner in Sichtweite
Die OB-Wahl in Bonn ist fertig gezählt. Es wird in zwei Wochen einen zweiten Gang geben: zwischen Amtsinhaber Ashok Sridharan, und der Kandidatin der Grünen, ihrer derzeitigen Bundestagsabgeordneten Katja Dörner. Die Spannung war schon durch die infratest-dimap-Umfrage vor zwei Wochen gestiegen. Das Wahlergebnis steigert sie weiter.
Denn OB Sridharan ist nicht nur über 15% von der 50%-Marke entfernt, sondern hat sogar die Umfrageerwartungs-Latte von 39% noch mal deutlich gerissen. Er kam unter 35% ein. Katja Dörner ist mit rund 27,5% in Sichtweite (minimal mehr als in der Umfrage).
Wer motiviert besser?
Politisch entscheidend wird nun, wem von beiden es gelingt, die Wähler*innen erneut zu motivieren. Bei Stichwahlen sinkt meistens die Wahlbeteiligung, weil die Wähler*innen der Ausgeschiedenen enttäuscht zuhause bleiben. Dörner hatte mit Recht darauf hingewiesen, dass ihre SPD-Konkurrentin Bülow programmatisch weit näher bei ihr als bei Sridharan stünde. Dennoch ergibt sich daraus keine Mathematik. Die respektablen 20% von Bülow lassen sich nicht von Parteiführungen und Aufrufen verschieben, sondern müssen nun von Dörner direkt angesprochen werden: warum sollen sie erneut teilnehmen?
Wer immer am Ende erfolgreich durchs Ziel geht, wird es mit einem neuen Stadtrat zu tun bekommen. Neu nicht nur von der politischen Zusammensetzung, sondern erwartbar verjüngt und selbstbewusst. Die Grünen holen statt 2 wie beim letzten Mal dieses Mal ca. 16 Direktmandate (davon 11 Männer – Quotierung? Haha …), hier in Beuel 4 von 7, und werden im Rat mit knapp 28% die stärkste Fraktion stellen (hier wurde die Umfrage weit unterboten), die CDU bleibt erstmals in der Geschichte der Stadt hinter einer anderen Partei mit nur noch 25,5%, die SPD bleibt knapp unter 16%, der Bürgerbund bei knapp 7, die Linke bei gut 6, und die Überraschung ist Volt mit gut 5%. Die FDP ist in der offiziellen Tabelle der Stadt in der Spalte der Sonstigen (knapp 13%) verschwunden.
Koalitionen im Stadtrat?
Koalitionen sind in Kommunen weniger relevant als in Bund und Land. Rechnerisch hätte nur Grün-Schwarz eine Mehrheit, wie 2009-14, aber mit umgekehrten Kräfteverhältnissen. Weder bei den Grünen noch bei der CDU sind dazu Neigungen zu erkennen. Vielleicht gäbs auch eine knappe Grün-Rot-Rote Mehrheit. Realistisch? Stabil? Nicht selten sind knappe Mehrheiten stabiler als bequeme. Dennoch glaube ich, dass der Individualismus der Stadtratsmitglieder so expandieren wird, dass eine knappe Mehrheit eine OB Dörner schnell dem Wahnsinn nahe bringen kann. Am Ende wird es von der politischen Kunst des oder der Oberbürgermeisterin abhängen, mit welchen Partner*inne*n sie oder er diese Stadt umgestalten will – oder das meiste so lassen, wie es ist. Für Letzteres gab es in der Vergangenheit in Bonn fast immer eine Mehrheit. Aber die Welt dreht sich, manchmal schneller, als alle denken.
Zum Beispiel in Beuel
Bleibt nachzutragen und anzuhängen, dass die Grünen auch in drei der vier Stadtbezirke (ausser Hardtberg) die stärkste Fraktion stellen werden. Das beste Ergebnis für sie war Beuel mit 35,3%. Hier gäbe es theoretisch eine Grün-Rote Mehrheit. Guido Deus hat seinen CDU-Nachfolger*inne*n ein denkbar ungeordnetes politisches Erbe hinterlassen. Gewöhnlich geht es in Bezirksvertretungen noch weniger an Parteigrenzen orientiert zu, Fraktionswechsel gewählter Mitglieder sind nicht selten. Auch in Beuel bleibt abzuwarten, wie kunstvoll die Grünen mit ihrer neuen Rolle umzugehen verstehen. Denn bisher waren sie “Opposition” in Beuel. Umschalten, und das zügig!
Ein fulminantes Ergebnis, stärkste Partei und Katja hat gute Chancen, es zu schaffen!!! Herzlichen Glückwunsch – und nur 3% für die AfD- Bonn ist vorbildlich!