Long live Charles III
Ich hätte ja Stein auf Bein geschworen, dass Queen Elizabeth II. locker die 100 plus X schafft. Bin deshalb auch überrascht und unvorbereitet, was dieses meiner Erwartungshaltung nach frühe Ableben angeht. Vielleicht hat die Queen (ihr Körper/Soma/Psyche … ?) sich gesagt, dass es nach dem Abgang des einstweilen größten Feinds des Empires, PM BoJo, nun wirklich mal gut ist.
Eigentlich war Elizabeth die Verkörperung eines Pflichtbegriffs aus – ja aus welchem Jahrhundert? Neunzehntes? Die feudale Dekadenz hatte damals schon abgewirtschaftet. Das Bürgertum war teilweise noch in der sittenstrengen Akkumulationsphase. Vielleicht war Queen Elizabeth II (geb. 1926) ja die letzte Bürgerin des 19. Jahrhunderts? Ihr Lebenskonzept jedenfalls war schon ein sehr abstraktes:
– Konkreter politischer Einfluss = Null
– Politisch-praktische Positionierungen: fast gleich Null
– Pflichterfüllung = 150%
Darüber muss man mal länger nachdenken.
Ihr größtes Verdienst war es wohl, die Post-Imperiums-Depression der Briten abgemildert zu haben: Nur noch zweite oder dritte Liga der Weltpolitik? Zum Glück hatte Man und Frau ja noch die Queen! Andere Länder in gleicher Situation fangen in solchen Post-Situationen an, absurde Kriege zu führen – so ganz traurig ohne Imperium und ohne „echten“ Zar…
Ich setze auf King Charles, der länger darauf warten musste, die ihm zugedachte Position einzunehmen, als ich (am Vorabend der Rente) Lebensjahre zähle! Weia – es gibt sie also noch, die longue duree!
Aber wer ist Prinz – sorry – King Charles eigentlich? Offensichtlich kein Viktorianer mehr. Aber wohl auch noch nicht Generation Golf (wirklich andere Autos hatten die damals in GB nicht mehr), so wie seine Söhne. Dem Lebensalter nach ist er eigentlich ein 68er!!
Echt jetzt?
Die Ehe mit Lady Di, eine Lichtgestalt in der jüngeren Geschichte von UK, und der dunkle Schatten in der royalen Karriere von Charles, war (von der dunklen Seite her) eine Zuchtgeschichte aus dem „Stutenbuch“ (so heißt das Kompendium unter GB-Hochadligen leider wirklich!) des GB-Hochadels. Konträr zum bürgerlichen Konzept der individuellen Gattenliebe – im Fall von Charles wäre hier die Duchess of Cornwall, Camilla, gemeint – geht es in diesem Buch um die Auswahlmöglichkeiten für junge hochadelige Männer zwischen jungen hochadeligen Frauen, die qua Herkunft geeignet sind, die feudalen Herkunftslinien mit einer zu erzeugenden Nachkommenschaft (darum geht es letztlich) in die Zukunft zu verlängern. Also Charles (möglicherweise ein 1968er) in den Fängen der feudallinearen Familienstruktur? Oder in denen seiner Queen-Mutter? System oder personale Verantwortung? Wer weiß das schon?
Jedenfalls sollte man genauer hinsehen. So empfand der Prinz – jetzt King – Charles die angedachten Flüchtlingsgesetze von MP BoJo als „Schande“- und sagte das (im Unterschied zu seiner schweigsamen Mutter) auch. Öko-Kekse backt er seit Jahrzehnten. Und für Klima- und artenschutz setzt er sich ernsthaft ein. Was von ihm – im Schatten seiner Mutter – zu sehen war, war nie allzu viel. Aber ich bin optimistisch. Der King könnte cooler sein als gedacht.
Mehr zum Autor hier.
Elizabeth Windsor wurde exakt so alt wie Anna Willems, meine Oma mütterlicherseits. Sie starb mit 96, weil sie keine Lust mehr hatte. Eine vermögende Knappschaftsrentnerin mit einem sehr selbstbestimmten Leben, ähnlich konservativ wie Mrs. Windsor. Dieser Händedruck
https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.liz-truss-uebernimmt-die-macht-ein-haendedruck-der-queen.d7faa238-6247-4d11-8453-d3bb22085a8d.html?reduced=true
hat sie ins Grab gebracht. Warum sich das noch antun, was da jetzt kommt? Hat frau das verdient? Nein.
Mr. Charles Windsor – ob er zu Optimismus Anlass gibt? Schön wärs. Viel zu tun hätte er.
https://www.heise.de/tp/features/Royal-Babylon-3373838.html
Die Queen ist nicht tot. Sie liegt
nur leblos in einer Kiste.“
( Robert Habeck )