Viele Extradienst-Leser*innen interessieren sich nicht für Fussball. Das ist nachvollziehbar. Als Staatsbürger*in einer bürgerlichen Demokratie müssen Sie sich aber leider für Politik interessieren. Wenn Sie bisher alles über Fussball in den Medien gemieden haben, habe ich einen Kompromissvorschlag für Sie: Markus Völker/taz hat einen intelligenten Schnelldurchlauf verfasst, was es mit dieser vermaledeiten Qatar-WM von der Entstehung bis heute auf sich hat: Ein Sündenfall für zwei – Die WM ist für Katar ein Baustein seiner Machtstrategie und die Fifa das ideale Umfeld, um seine Möglichkeiten voll auszuspielen. Alles ist käuflich.” Das ist das Basiswissen, über das Sie als Staatsbürger*in verfügen sollten.

Die bösen oder guten Medien – ganz wie Sie selbst sie sehen möchten – sind in einer Zwickmühle. ARD, ZDF und Telekom sowieso: sie finanzieren das Spektakel, das ohne Kapitalfluss aus den globalen Medienkonglomeraten überhaupt nicht existieren könnte. Beispielhaft schreibt SZ-Sportchef Claudio Catuogno als Ausrede, warum seine Redaktion das Ereignis nicht boykottiert: “Aber wir sind keine Aktivisten, wir sind Journalisten, unser Job ist das Berichten, nicht das Nicht-Berichten.” Das ist richtig und falsch zugleich.

Zu seinen Gunsten ist erwähnenswert, dass private deutsche Zeitungsverlage, wie die Sparfüchse von der SZ-Besitzerin SWMH einer sind, nicht direkt in die Kasse der Fifa-Mafia einzahlen. Dennoch sind sie als ökonomische Akteure sehr wohl “Aktivist*inn*en”, weil, wie schon erwähnt, das Ereignis gar nicht existieren würde, wenn es nicht ein Medienereignis wäre. D.h. die Medien sind in keiner Weise “unabhängige” gar “vierte Gewalt” – nein – in diesem Fall existiert keine Gewaltenteilung. Sie präsentieren ein Produkt. Oder lassen es sein. Diese Entscheidung fällt Kapitalist*inn*en nicht schwer.

Kommt noch Wasser aus dem Hahn?

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW veröffentlicht regelmässige Berichte zum “Hydrologischen Status” NRWs, hier der zum Oktober 2022. Der sieht nicht gut aus. ‟Die Trinkwasserversorgung in NRW ist nicht gefährdet” wird (noch) beteuert – aber es wird teurer. Entweder für die Allgemeinheit, weil auf Wasserwerke, Kläranlagen etc. mehr und aufwendigere Arbeit zukommt – oder die geben die Kosten an uns Bürger*innen weiter. Wenn Habeck nach der “Gasumlage” noch eine “Wasserumlage” fabrizieren müsste, wäre das Schlimmste zu befürchten.

Den “Dürremonitor” kennen Sie als Extradienst-Leser*in schon; ich weise oft auf ihn hin. Hier gibts noch einen Wassermonitor des Forschungszentrums Jülich zu pflanzenverfügbarem Wasser in 30 cm Bodentiefe (auf meinem Rechner braucht die Seite ein bisschen Zeit zum laden), der zeitlich und räumlich sehr detailscharf einstellbar ist. Bei mir in Beuel ist alles wunderbar dunkelblau – im Moment.

Der Oktober war hierzulande – mal wieder – ein wettermässiger Sensationsmonat. Sonne satt, Regen wenig, der wärmste seit ich-weisses-nicht. Dieses Wochenende gibt ein Gefühl, wie das Wetter früher mal um diese Jahreszeit war. Die Gasspeicher sind jedenfalls voll. Die FAZ lobt den Wirtschaftsminister (Paywall): “Die Operation Gaseinkauf ist geglückt, die Speicher sind randvoll.” Zu welchem Preis, fragt sie nicht. Deutschland hat das Gas ersteigert, den Preis in die Höhe getrieben, und fast alle anderen EU-Mitglieder (sehr!) tief verärgert. Jetzt, nach dem warmen Oktober und mit den vollen deutschen Gasspeichern, konnten Sie zeitweise einen Gastanker vor Spanien und Portugal kaufen, und bekamen noch Geld dazu. Das ist Spekulation im real existierenden Kapitalismus – nur was für die Grossen.

Egal. Wir müssen nicht frieren. Das tun – wie immer – Andere.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net