Ich darf ja nicht über Fußball schreiben, wenn es nach meinem Herausgeber geht, aber ich teste mal die “innere Pressefreiheit” aus. Was haben die Zeitungen und das Fernsehen, das die Gebührengelder statt für guten Journalismus für diese peinlichen Ballklopper mißbraucht und verschleudert hat, in den letzten Tagen für arroganten Blödsinn geschrieben: Sch’land hatte gegen Spanien unentschieden gespielt und schon tat man so, als wäre es nun ein Kinderspiel, in der WM weiter zu kommen. Denn – Hand aufs teutonische Herz – was sind schon Japaner und Costaricaner im Fußball wert, als krasse Aussenseiter zu sein? Bei DER Masse an hochbezahlten Bayern-München-Spielern und dann noch Hansi Flick, auch solcher Herkunft – “sie hätten heute drei, vier fünf null führen können”- näh, welches Spiel hat der Fernsehkommentator da zum Teufel auf seinem Monitor gesehen? Es ist diese Selbstgerechtigkeit im Fußball, die oft einer deutschen politischen Selbstgerechtigkeit so sehr gleicht. Nun ist es gut, die Jungs sind wieder zu Hause, das beste, was sie tun konnten.
Politik und Fußballarroganz
Dieselbe Selbstgerechtigkeit, mit der diese Woche die CDU in der Frage der erleichterten Staatsbürgerschaft dieselbe nationale Arroganz gegenüber der dringend notwendigen Einwanderung aus ökonomischen Gründen gegen Fremdenfeindlichkeit ausspielte, und dabei Begriffe verwendete, die man zwischen 1990 und 1994 von ihr und heute vor allem von der AfD hörte. Rüttgers’ “Kinder statt Inder” feierte fröhlich Urständ, die AfD konnte ihr Märchen vom “Großen Austausch” der weißen Rasse gegen Einwanderer wieder aufwärmen. Aber ein Herr Heck der CDU, der sich einließ, dass die “deutsche Staatsbürgerschaft verramscht” werde, wenn man doppelte Staatsbürgerschaften zuließe, war nur noch peinlich. Dem trat die ehemalige Integrationsbeauftragte der NRW-Landesregierung Laschet, Sertap Güler MdB (CDU), durch innere Kündigung entgegen, indem sie sich bei der Abstimmung der Stimme enthielt. Seit Privatpilot Merz die CDU-Fraktion übernommen hat, wurde die offensichtlich in eine Zeitmaschine 30 Jahre zurück versetzt. Eine Gemeinsamkeit mit einem anderen Privatpiloten und CSU-Fraktionsvorsitzenden: Franz-Josef Strauß.
Arroganz gegenüber China
Dieselbe Arroganz schimmert auf, wenn nach jahrzehntelanger Verlagerung von Produktionsstätten ins Billiglohnland China nun im Jahr 2022 plötzlich und völlig unverhofft dort unerwartete Menschenrechtsverletzungen entdeckt werden, die in Wirklichkeit seit Jahrzehnten bestehen. Der Umgang mit religiösen Minderheiten, wie den Uiguren oder der Falun Gong, die nun zu einer “neuen China-Strategie” führen sollen, haben sich in den letzten 20 Jahren nicht verändert. Dabei ist unklar, ob sich die Strategen um Baerbock und Co. einmal Gedanken gemacht haben, welche politisch-menschenrechtliche Hypothek gerade Deutschland gegenüber China mit sich herumschleppt. Das koloniale Erbe Deutschlands umfasst die gewaltsame Niederschlagung des “Boxeraufstandes” um 1900 und ist verbunden mit kolonialen Verbrechen von Militärs wie General Groß von Schwarzhoff, Lothar von Trotha und Paul von Lettow-Vorbeck. Sie sind bis heute weitgehend unaufgearbeitet und eine Entschuldigung der Bundesregierung, geschweige denn eine Entschädigung der Opfer hat ebensowenig wie in Südwestafrika auch nicht ansatzweise stattgefunden.
Politik und Fußball stolpern über Großmannssucht
Die von einer mafiösen und korrupten FIFA durchgeführte Fußball-Weltmeisterschaft hat nicht nur als Spiegel der Weltgesellschaft die korrupten, antidemokratischen Hegemonien internationaler Oligarchen aufgedeckt, sie spiegelt auch zunehmend die Arroganz führender Industrieländer, etwa der G7, die nicht nur im Fußball, sondern auch in der ökonomischen Realität einer zusammenrückenden ökonomischen Welt an hegemonieller Bedeutung verlieren. Die USA befinden sich schon lange im hegemoniellen Sinkflug, Russland ist bereits abgestürzt und die EU wird weiter an Bedeutung verlieren, wenn sie sich wie bisher als reine Zweckgemeinschaft des Verteilens von Fördermitteln ohne soziale Strategie versteht. Großbritannien hat sich selbst durch Lüge und Hybris seiner Eliten im Brexit ins ökonomische Abseits befördert – der Bevölkerung beginnt die Erkenntnis langsam zu dämmern.
Feigheit gegenüber der kriminellen FIFA
Die inkompetente, zunächst aufgeblähte, dann an den Verhältnissen gescheiterte, ja in Kapitulation mündende “One Love”-Strategie des DFB wie der Bundesregierung hat mehr Spott hervorgerufen und Porzellan zerschlagen, als an Aufklärung erreicht. Den medialen Todesstoß versetzten ihr die Veröffentlichung des Gasabkommens mit der Bundesrepublik durch die Kataris – einen Tag vor dem “Endspiel” der Deutschen ums Weiterkommen. Sogar das Bild der Lufthansa-Maschine mit dem Slogan “Fanhansa – Diversity wins” geriet aufgrund des WM-Ergebnisses und der deutschen Kapitulation vor Infantino auf dem Rückflug zur Realsatire. Wen wundert da noch, wenn in einer Straßenumfrage milde über die Deutschen lächeln?
Infantino und die Oligarchen düpieren den Westen…
Der schweizerische Aussiedler nach Katar, Gianni Infantino, plant schon den nächsten Coup – WM in Saudi-Arabien 2030. Die feigen nationalen Fußballverbände trauen sich nicht, aus der FIFA auszutreten und diesem Spuk ein Ende zu bereiten. Der besondere Mut des DFB zeigt sich darin, dass man keinen Gegenkandidaten gegen Infantino bei seiner bevorstehenden Wiederwahl aufstellen wird. Ein wahrhaft mutiges Signal. Ebenso mutig wie die Bereitschaft des DFB, sich seiner Verantwortung für das Desaster der WM zu stellen.
…und Selbstüberschätzung dominiert den DFB.
Und während DFB-Präsident wieder beherzt eine sorgfältige und umfassende Analyse des WM-Desasters in Katar auf der Krisensitzung am Mittwoch fordert, blähen sich die Bayern-Funktionäre noch vor einer ehrlichen Bilanz mehrheitlich schon wieder auf. Manuel Neuer beanspruchte schon kurz nach Ende des fußballerischen Desasters, auch in Zukunft als Nationaltorwart Nummer 1 weiterzumachen. Hansi Flick, Trainer des Desasters von drei Turnieren ohne jeden Erfolg und Bayern-Sproß, erklärte vollmundig, an seinem Vertrag festhalten zu wollen, bevor überhaupt der DFB seine Konferenz über Fehler und Konsequenzen der WM beraten konnte, als habe er den Job geerbt. Noch dreister Oliver Bierhoff, Bayern-Gewächs und als Geschäftsführer der Nationalmannschaft ebenso wie der Trainer direkt für das Desaster der WM-Vorbereitungen und der zusammengestoppelten Mannschaft verantwortlich, erklärte vollmundig und selbstgerecht, er wolle auf jeden Fall weitermachen, als ob er überhaupt keine Verantwortung für das Desaster trüge. Aber nicht nur die Bayern machen die Denkkategorien deutlich, in der sich teutonische Ballklopper heute bewegen: “Wir spüren den Schmerz der Nation” – das sind nicht etwa die Worte Präsident Selenskijs über die Kriegstoten seines Landes, sondern die des Stürmerleins Kai Havertz (23), über das Ausscheiden seiner National-Gurkentruppe. Er ist nicht der einzige, dem die Bedeutung des Fußballs angesichts seines Millionengehalts beim FC Chelsea wohl zu Kopf gestiegen ist.
Ein Weg aus dem Desaster?
Ich bin gespannt, ob die mutigen Töne des DFB-Präsidenten dazu führen werden, die angestammten und jahrelang gemästeten Strukturen, die sich mit Namen wie Flick, vor allem aber Bierhoff, verbinden, wie die Bayern mit Uli Höneß, aufgebrochen oder zumindest reformiert werden. Oder ob wir eine ähnliche Verpuffung erleben werden, wie beim Widerstand um die One-Love-Binde. Die FIFA hat nun zwei Turniere hintereinander bei Oligarchen abgehalten und das dritte – 2030 Saudi -Arabien – wurde als Idee in die Diskussion gebracht. Wie schon das IOC mit den Olympischen Spielen in Sotschi und in China haben sich die internationalen Sportverbände als politische Kulisse zur Feier und Verharmlosung von Despoten instrumentalisieren lassen. Die Chefs Infantino und Bach haben beide kein Unrechtsbewusstsein. Um ihrem Geschäft endlich den goldenen Boden und die Legitimation zu entziehen, würde ich raten, dass möglichst viele Nationen aus diesen Organisationen austreten und sich andere gründen. Ob das richtig wäre, weiss ich nicht – dafür verstehe ich zuwenig vom Fußball.
Aber eins weiß ich sicher: Dass Vorstand und Mitarbeiter:innen in Stuttgart und anderswo derzeit Kerzen der Erleichterung anzünden, dass nicht mehr “der Daimler”, sondern Volkswagen die Arschkarte hat, Hauptsponsor dieses Haufens zu sein.
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