Was sind deutsche Profimedien noch wert?
Wenn es nach dem Bertelsmann-Konzern geht, und der muss es ja wissen, nicht viel. Das Entsetzen in der Branche ist gross. Denn Bertelsmann hat den Verlag Gruner&Jahr fast rückstands- und widerstandslos zerstäubt. Niemand ausser den direkt Betroffenen, und denen, die sich erhofft hatten, dort mal landen zu können, regt sich noch auf. In der SZ schreibt Detlef Esslinger, gebürtig von hier vorne aus der Eifel (selbstverständlich hinter Paywall): “Der Konzern aus Gütersloh gibt sich gerne als Diener der Republik. Die Entscheidungen beim Tochterverlag Gruner und Jahr zeigen: Dies ist eine Fiktion.” Ich musste sehr lachen. Das war es schon immer. Und er weiss genau, dass es bei seiner Arbeitgeberin SWMH keinen Deut besser ist. Wenn sie ihn eines Tages feuern, bekommt er immerhin zwei Jahre ALG 1.
Seinem feinen meinungsführenden Leitmedium schreibt der mutmasslich weit schlechter entlohnte David Goeßmann/telepolis das hier ins Stammbuch: “Medienversagen: Über Ballon-Lücken, Kampfdrohnen und Angriffskriege – Aus einem Spionageballon Chinas ist bereits eine drohende Ballon-Armada geworden. Warum die mediale Empörung? Die USA begehen weit schlimmere Grenzverletzungen.”
Womit die Überleitung zur Nachricht des Tages vollzogen ist, die allerdings für alle mit eingeschaltetem Verstand keine Neuigkeit mehr ist. Immerhin, das muss ich den Leitmedien lassen, war es das Leitmedium Deutschlandfunk, durch das ich heute morgen zuerst davon erfahren habe, praktischerweise direkt als staatliches Dementi verpackt und Goeßmann bestätigend: “USA weisen Bericht zurück, sie hätten die Pipelines gesprengt – Das Weiße Haus hat einen Bericht des Investigativreporters Seymour Hersh zurückgewiesen, wonach US-Marinetaucher die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee vergangenes Jahr gesprengt haben.”
Als geschulter Entschlüsseler der DLF-Nachrichten – am Wochenende sind sie immer von Springer, und zwar via dpa – war mein Interesse geweckt. Extradienst-Gastautorin Petra Erler versicherte mir, “Hersh weiß mehr, als er schreibt”. Ja klar dachte ich, das ist bei jedem guten Journalisten so. Und bei jeder auch.
In meinem Tageslektürepensum fiel mir auf, dass die deutschen Dickschiffe abermals darüber spekulieren, wie viel Putin “persönlich” mit dem Abschuss der MH17 2014 zu tun hatte (im Extradienst zuletzt Reinhard Olschanski vor 4 Monaten). Erst bei wiederum Goeßmann/telepolis fand ich den Link zu Hershs Orginaltext vor, den Petra Erler schon Stunden vor mir kannte. Die nachdenkseiten haben dazu eine automatisierte Übersetzung veröffentlicht.
Und die beste Einordnung fand ich in Augsteins – natürlich nicht Spiegel, wo denken Sie hin? – Freitag von Sebastian Puschner: “Cui bono: Wer profitiert von Seymour Hershs Enthüllung zu den Nord-Stream-Anschlägen? – Geheimnis Der Investigativjournalist Seymour Hersh schildert mit hoher Plausibilität, aber basierend auf nur einer anonymen Quelle, wie die USA die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines planten und ausführten. Einem Mann dürfte dieser Text helfen.”
Nach den Kriterien staatlich/öffentlich geförderter “Gegneranalyse” sind alle, die über diesen Sachverhalt aufzuklären versuchen, Feindmedien. Obwohl wir ja “üüüberhaupt”. (zit. Rüdiger Hoffmann) keine Kriegspartei sind.
Schön von Friedrich Küppersbusch herausgearbeitet – “Die Panzer-Blamage” (video 5 min) – wer und wie alles das zu ändern versucht.
Doch auch auf der Seite der Guten gibt es unschöne Begleiterscheinungen, von denen es gar nicht gut wäre, wenn sie vor Publikum zu breit getreten werden. Sehen sollen wir, wie tapfer und angestrengt der gute Wolodymyr Selenskyj gegen die böse Korruption kämpft. Dabei war vor wenigen Wochen eine ganz böse Sache passiert.
Alexander Dubowy/Berliner Zeitung: “Wie korrupt ist die ukrainische Regierung um Wolodymyr Selenskyj? – Auch mit Blick auf das Hubschrauberunglück am 18. Januar 2023 wird wegen Korruption ermittelt. Die EU macht jetzt Druck, korrupte Strukturen in der Ukraine zu bekämpfen. Alles nur Show?”
Der gut informiert Herr Dubowy strengt sich nach Kräften an, das Beste draus zu machen. Ich lese bei ihm: “Am 18. Januar 2023 stürzte die Airbus-Maschine H225 Super Puma des ukrainischen Staatlichen Dienstes für Notfallsituationen mit dem ukrainischen Innenminister Denys Monastyrskyj an Bord im Kiewer Vorort auf einen Kindergarten ab. Beim Hubschrauberabsturz kamen 14 Personen ums Leben, 25 weitere Menschen, darunter elf Kinder, wurden teils schwer verletzt.” Beim Vorgänger des abgestürzten Innenministers, dem, der diese Maschinen kaufen liess, habe es nun Hausdurchsuchungen gegeben.
Zur Korruption gehören immer mindestens zwei: der Bestechliche und der Bestechende. Letzteres kann dann ja nur der Airbus-Konzern gewesen sein. Bzw., weil es sich dort um Vollprofis handelt, die also auf keinen Fall was davon gewusst haben können, beauftragte Dealer/Berater/Vermittler, die augenscheinlich iiirgendwiiie (zit. Rüdiger Hoffmann) aus dem Ruder gelaufen sein müssen. Hauptaktionäre bei Airbus sind Frankreich und Deutschland. Was meinen Sie also, was die drei Herren besprochen haben könnten? Razzia bei Airbus?
“Best of 9. Februar” entfällt.
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