Der Meister feuert seine Führungskräfte. Der Verlierer wird von einer 25.000-Menschen-Tribüne, der grössten Europas, so deftig gefeiert und geknutscht, dass die geknutschten Millionäre allesamt in Tränen ausbrechen. In Bochum feierten sie ihre Unabsteigbaren mit einem Platzsturm – dort wurde nicht nur metaphorisch, sondern ganz echt geknutscht und getatscht. Eine fünfstellige Zahl Schalke-Fans feierte im feindlichen Leipzig ihre Absteiger. Und auch in den vollen Stadien von Köln und Mönchengladbach (je über 50.000), deren Teams eine Saison absolviert haben, die nur als Gurke zu bezeichnen ist, übernahmen die Fans die Regie und feierten sich selbst.
Arnd Zeigler, Werder-Stadionsprecher in WDR-Sold, dessen Fussballmagazin mit Recht von der ganzen Branche ernster genommen wird, als die kommerziellen Produktpräsentationen, die ansonsten das Medium beherrschen, gelang ein fussballjournalistisch ungewöhnlich würdiger Saisonabschluss. Er belegt mit Bildern meinen ersten Textabsatz. Ironischerweise darf er viele Bilder in der Internetversion seines Magazins gar nicht zeigen, weil die DFL sie privatisiert und monopolisiert hat. So viel zur “Pressefreiheit”.
Wir leben in einer Epoche von Grundsatzentscheidungen. Das Grosskapital des Fussballs ist weltweit so gespalten wie die Politik. Behalten die europäischen Kolonialmächte die (Medien-)Macht in Gestalt ihrer Uefa, oder verlieren sie die an Despotien aus Asien und Afrika in Gestalt der Fifa in der neutralen und steuerparadiesischen Schweiz? Die Grosskapitalseite des deutschen Fussballs rechnet sich zu den europäischen Kolonialisten, will es sich aber mit der Fifa nicht verderben. Denn wer kann schon wissen, wer gewinnt?
Parallelitäten auf nationaler Ebene. Der ungeliebte deutsche Meister aus dem süddeutschen Raum will nicht, er muss auf europäischer und Weltebene oben mitspielen – oder er wird insolvent. Um der Attraktivität des Entertainments willen muss er eine nationale Braut mitbringen: die will Aki Watzke sein, Boss der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Aber wollen das auch die Leute auf der “Süd”? Zweifellos wollen die Spitzenfussball. Aber die Mehrheit nicht für jeden Preis. In Dortmund müssen also derzeit ziemlich viele Menschen was entscheiden – zunächst für sich selbst, und dann auch, wohin sie gehören wollen. Das Ruhrpottderby ist ja jetzt leider für (mindestens) ein Jahr ausgesetzt – ein Albtraum für die NRW-Polizei weniger.
Für den Rest gilt: den Konzern aus Süddeutschland brauchen wir weder für den Sport noch für den Spass. Nur für den Hass: als Lästerobjekt wird er uns erhalten bleiben, auch wenn er nicht mehr mit uns spielt.
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