Ruiniertes Griechenland – Ruiniertes Frankreich?

Mit Interesse las ich heute in der FAZ-Paywall eine Story über die Ägäis-Insel Mykonos von FAZ-Rom-Korrespondent Christian Schubert. Hübsche Dienstreise von Rom durchs Mittelmeer in die Ägäis. Was er als Problem beschreibt, ist mindestens ca. 50 Jahre alt: “Auf der griechischen Touristeninsel eskaliert der Streit um illegale Bauten. Der Überfall auf einen Archäologen könnte zu einer Kehrtwende führen.” Schön dass es eine Frankfurter Tageszeitung auch schon gemerkt hat.

Ich war 1978 dort, nur zum Umsteigen von Fähre zu Fähre (Inselhopping). Eine Übernachtung auf dieser Insel konnte ich mir damals schon nicht leisten. Die Insel hat, anders als das ebenfalls überlaufene Santorini, keinen landschaftlichen Reiz. Die Reichen und Mächtigen sind hier, ähnlich wie auf Zypern oder in Beirut, als es noch nicht zerstört war, zum Saufen und Feiern verabredet – und viele wollen ihnen dabei Dienste leisten, oder wenigstens zugucken. What’s the news? Ein Archäologe, der für das historische Erbe der Insel kämpfte, wurde ermordet. It’s the economy, stupid! Einen Dank können die, die auf der Insel arbeiten müssen (700 €/Monat), sich aber einen Aufenthalt dort gar nicht leisten können (Münchner*innen wissen, was ich meide), an Deutschland schicken, das sich um das Niedersparen staatlicher Ordnungsstrukturen in Griechenland bleibende Verdienste erworben hat. Die damaligen Verantwortlichen – Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanzminister Schäuble – verleben ihren Ruhestand, und werden das jüngste Ergebnis der griechischen Parlamentswahl zugunsten des Mitsotakis-Clans still genossen haben. Da sage noch ein CDU-Innenminister, er bekämpfe die “Clan-Kriminalität” …

In Frankreich brennt es mal wieder

Sonntags ist die Zeit der Lautsprecher, die bei der letzten Regierungsbildung kein Amt abgekriegt haben. Ein besonders schlauer lässt sich von einem deutschen Blatt, das für seine Zündelkompetenz berüchtigt ist, mit “Stabilität Frankreichs auf dem Spiel” zitieren. What’s the news?

Die aktuellen politischen Fakten liefert Thomas Pany/telepolis: Frankreich: Ausbruch der Gewalt im zerrissenen Land – Plünderungen, Brandstiftungen und das brutale Vorgehen der Polizeikräfte sind Teil eines größeren Problems. Es dreht sich um die Darstellung der Realität des Landes, die großes Gehör findet. Warum das beängstigend ist.”

Eine bemerkenswerte politische Initiative zeigt die französische Fussballnationalmannschaft, die schon als Weltmeister 1998 – mit ihrem politischen Kopf Lilian Thuram – weltweit als Erfolgsprojekt der Integration vermarktet wurde.

Das war schon damals geheuchelt. Wenn der deutsche sid (Sportinformationsdienst) heute so zitiert “Die Spieler sagten, sie teilten ‘diese Gefühle des Schmerzes und der Trauer’, aber ‘es ist Ihr Eigentum, das Sie zerstören, Ihre Nachbarschaften, Ihre Städte, Ihre Orte der Erfüllung'”, und diese Übersetzung korrekt ist, dann ist der Fehler leicht zu finden: “Orte der Erfüllung” – setzen, sechs. Hier ist die Klassenzugehörigkeit von Fussballprofis und ihren beratenden PR-Agenturen leider doch wieder mit ihnen durchgegangen.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net