.. der*die Agendasetter*in – Faschismus der Gegenwart und linke Schlaumeiereien
Nachdem nun wirklich alle zu Merz/AfD ihr Blech verbreitet haben, ist Ignorieren keine realistische Option mehr. Schon Heiner Geißler wusste, und die ihn ausbildenden Jesuiten (Frauen nicht mitgemeint, aber gewiss massenhaft Schwule) wissen es schon seit Jahrtausenden , dass der*diejenige im öffentlichen Diskurs gewinnt, die*der das Thema erfolgreich setzt, das anschliessend alle abzunagen versuchen. Damit sind die Umfrageerfolge der deutschen Faschisten im Prinzip schon geklärt. Ich will lieber behandeln, wie das zu ändern ist – einen Beitrag dazu gibts hier schon bei Klaus Vater.
Zunächst ist es nötig, sich ein realistische Bild vom Faschismus der Gegenwart und Zukunft zu machen. Ich unterstelle, dass er nicht nur mein, sondern auch Ihr Hauptgegner ist. Das beschreibt so anschaulich wie es geht Gregor Honsel/MIT Technology Review: “‘The Line’: Das absurdeste Bauprojekt aller Zeiten – In Saudi-Arabien entsteht eine Stadt von größenwahnsinnigen Ausmaßen. Ebenso wahnwitzig sind die Visionen, die dahinter stehen.” Das System hinter diesem Projekt ist der Traum jedes Despoten auf dieser Welt: absolute Macht, absoluter Reichtum – von Niemandem was sagen lassen. Mohammed Bin Salman war der wichtigste Finanzier Donald Trumps, gibt skrupellos Knochensägereien in Auftrag und markiert in den weltweiten Massenmörder-Charts durch den Jemen-Krieg die Spitze. Aktuell vollzieht er eine weltpolitisch spektakuläre Wende von der Seite der USA zur Seite Chinas. Und beweist damit nebenbei: Moral spielte und spielt keine Rolle, wenn es um Macht geht. Selbstverständlich steht nicht nur die deutsche Rüstungs-, Mord- und Totschlagindustrie, sondern auch die deutsche Ingenieurskunst gerne, bereitwillig bis gierig Schlange, um von dem weltweit respektierten Massenmörder des arabischen Feudalkapitals Aufträge entgegen zu nehmen. Ein weites Feld für feministische und wertegeleitete Aussenpolitik …
Spanien
Spanien hat anders als Portugal nie einen politischen Schnitt gegen seine Faschismus-Geschichte vollzogen. Das alte System und seine Täter durfte bruchlos weitermachen, und fand, ähnlich wie die Nazis in der Adenauer-BRD, ein weites Betätigungsfeld in Parteien und Staatsverwaltung. Unter diesen Vorzeichen ist die Wahl am Sonntag glimpflich ausgegangen. Folgende Auswertungen geben sachdienliche Hinweise.
Bettina Luise Rürup/ipg-journal: “Der verlorene Gewinner – Ernüchterung für die konservative PP, Rote Karte für die Rechtsradikalen: Spanien entscheidet sich für gesellschaftlichen Fortschritt.” Das ist die Sicht der Sozialdemokrat*inn*en.
Stefan Niggemeier/uebermedien: “Der sicher geglaubte Rechtsruck – Das Ergebnis der Parlamentswahl in Spanien schien vorher schon so gut wie festzustehen: ein Rechtsruck, passend zur Entwicklung in anderen Ländern in Europa. Doch was manche Medien schon als Tatsache beschrieben, trat dann doch nicht ein.” Das Muster, das Niggemeier hier treffend auseinandernimmt, kehrt bei jeder Berichterstattung jeder Wahl im Ausland immer aufs Neue wieder. Leitgedanke: bloss keine Linke mit Hoffnungen ermuntern – und dabei nicht vom Ergebnis irritieren lassen. Die deutsche Linke iiebt es ausserdem, deprimiert zu werden – die beste Ausrede für intellektuelle Faulheit.
So auch Ralf Streck/overton: “Ein bitterer Wahlsieg für die spanische Rechte – Der spanische Sozialdemokrat Sánchez hat dagegen eine süße Niederlage erlitten. Denn er hat anders als der Wahlsieger eine theoretische Chance, Regierungschef zu bleiben. Sein Weg führt aber über Waterloo in Belgien und den katalanischen Exilpräsidenten Carles Puigdemont, der dort nun wie erhofft den Schlüssel zur Regierungsbildung in den Händen hält.” Diesem Autor passt die ganze Richtung der linken Sumar nicht, weswegen er sich in seiner Vorberichterstattung vorzugsweise in die Intrigenverästelungen des Zusammenschlusses vertiefte. Sein Fatalismus wird durch das Ergebnis insofern dementiert, als die deutsche “Die Linke” von einem vergleichbaren Ergebnis nur träumen kann.
Damit komme ich zu dem Text, der den Kern des Politikproblems der deutschen Linken repräsentiert. Alexander Brentler/Jacobin: “Testballon für Schwarz-Blau – CDU-Chef Friedrich Merz bereitet seine Partei auf ein Rechtsbündnis mit der AfD vor. Dass er seine Aussagen zur Kooperation auf kommunaler Ebene schleunigst wieder zurücknahm, ist Teil der Strategie.” Selten so viele Fehler gefunden.
Die These vom “Testballon” unterstellt der CDU-Spitze eine Intelligenz, die ihr in Wahrheit – so bitter ist es – fast komplett fehlt. Jedenfalls nützt das, was Merz und sein Linnemann da treiben, ihrer eigenen Partei nichts. Die meisten CDU-Mitglieder sind immerhin intelligent genug, dass sie das wissen – im Unterschied zu ihrer Spitze. Mit dieser Erkenntnis ist das Problem aber nicht abgehandelt, sondern es beginnt erst. Es nützt der AfD (Agendasetting), so wie die “roten Socken” einst die PDS stark gemacht haben. So weit so doof.
Es startet aber zugleich den Prozess des Zersetzung der letzten deutschen “Volkspartei”. In Italien brachte das Berlusconi hervor. Heute bilden dort die Faschisten – anders als in Spanien – die Regierung. Die CDU zerlegt sich gesellschaftspolitisch so, wie es die SPD schon hinter sich hat. Ob von ihr auch so “viel” übrig bleibt? Die Super-Kapitalisten von Blackrock werden sehr genau wissen, warum sie diesen eitlen Dummkopf wieder in die ärmlich entlohnte Politik haben abwandern lassen.
Brentler hält es wohl für Dialektik, wenn er in Haarspaltermanier einen Widerspruch zwischen “antifaschistischer Volksfront” und “linker Klassenpolitik” konstruiert. Welcher Prozess entsteht aus diesem Widerspruch? Welchen strebt er an? Dieses Denken eines Prozesses unterlässt Brentler. Dialektisches Denken geht anders. Tapfer ignoriert er die für die spanische Wahlüberraschung entscheidend gestiegene Wahlbeteiligung, die es auch bei den letzten beiden Bundestagswahlen (+ 5%) gegeben hat. Das waren “AfD-Wahlen”, die dafür und dagegen mobilisierten. Mobilisierung ist exakt das, was die deutsche Linke nicht mehr kann – liberale und konservative Demokrat*inn*en ebenfalls nicht mehr, dank Lindner und Merz.
Doch den Gipfel erreicht Brentler mit diesem Satz: “Doch anders als das liberale Zentrum können wir der großen Mehrheit der Gesellschaft potenziell ein materiell und kulturell attraktives Angebot machen, das die Rechte dauerhaft von der Macht im Staat fernhält.” Sind Sie jetzt nicht auch gespannt, um welches “attraktive Angebot” es sich handelt? Schade, dass es nicht der erste, sondern der letzte Satz war. Der Text endet hier. Das Angebot auch.
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