Putins träumt von der alten Größe Russlands. Trump träumt von der nächsten Präsidentenwahl. Jugendliche träumen davon, Fußballprofi oder Influencer zu werden. Ein Pärchen liegt auf der grünen Wiese und träumt. Die Deutschen träumen von Wohneigentum (41%), Reisen (29%) und Autos (10%). Politische Träume scheitern an der harten Wirklichkeit.
Traum und Träumen sind also vielfältig genutzte Begriffe. Ein Grenzbereich sind jene Träume, die man während des Schlafes erlebt. Mancher sagt, solche Träume wären eine besondere Form des Bewusstseins. Während der Körper sich in Ruhe befindet, kann der Träumer durchaus bewegte Szenen erleben. Nach dem Erwachen kann er sich meist an seine Träume erinnern, zumindest teilweise. Zum Zeitpunkt des Träumens wirken sie nämlich oft sehr real.
Mir ist es auch schon so ergangen. Ich wachte morgens mit der Erinnerung auf, dass ich mir einen Oldtimer gekauft hatte. Feuerwehrrot und bestens erhalten. Doch schon bald ärgerte ich mich über diese spontane und unsinnige Entscheidung. Ich hatte doch gar keine Garage. Was sollte ich mit einem zweiten Auto? Und wie sollte ich das bezahlen? Erst nach einiger Zeit dämmerte mir, dass diese Gedanken Unfug waren und der Ärger unnötig. Der Kauf des Oldtimers war nur ein Traum gewesen, aber offenbar sehr intensiv und lebensecht. Wahrscheinlich, weil ich mir das schon immer erträumt hatte.
Deshalb brauchte ich nach dem Erwachen längere Zeit, um dies zu erkennen. Oder war es vielleicht so, dass ich nur träumte, erwacht zu sein und mich über den Oldtimerkauf zu ärgern. Kann es denn … darf es denn sein, dass wir träumen, wach zu sein Kommt es vielleicht sogar vor, dass wir träumen, zu träumen. Wie soll man das denn auseinanderhalten. Wie können wir unterscheiden, ob wir gerade träumen oder nicht. Oder vom Träumen träumen.
Vielleicht gibt es konkrete Merkmale, an denen man erkennen kann, ob man schläft oder nicht und ob man träumt oder nicht. Nur habe ich bislang noch keines entdeckt. Kann ich mich zwingen, aufzuwachen, um festzustellen, ob ich in einer Traumwelt lebe oder in der Realität? Oder dass ich nur träume, aufzuwachen. Schon Descartes hat sich mit diesem Problem befasst und geschrieben: Ich muss feststellen, „dass nie durch sichere Merkmale der Schlaf vom Wachen unterschieden werden kann, und dies macht mich so stutzig, dass ich gerade dadurch fast in der Meinung zu träumen bestärkt werde“.
Das zwingt zu der Frage, ob der Traum noch zur Wirklichkeit oder schon zur Unwirklichkeit gehört. Ist er vielleicht das lange gesuchte Verbindungsglied? Träume sind doch im Schlaf erlebtes Geschehen. Sie greifen reale Vorgänge und Erfahrungen auf, verfremden sie, reichern sie an, gehen dabei ins Surreale. Sie geben Raum für Fantasie, Widersprüchlichkeit und Sinnestäuschungen. Sie handeln von Dingen und Ereignissen, die physikalisch unmöglich oder im wachen Zustand höchst unwahrscheinlich und unwirklich sind. Vernunft und Logik werden nachrangig.
Träume sind nicht durch das Bewusstsein zu steuern, so sehr man sich auch bemüht. Daher sind sie oft mit starken Emotionen verbunden, lösen Erschrecken und Angst aus. Ich erinnere mich, wie ich einmal aus einem solchen Albtraum aufgewacht bin. Um erleichtert festzustellen, dass ich in der Unwirklichkeit gewesen war. Aber gleichzeitig war ich enttäuscht, weil ich nicht erkennen konnte, was mir dieser Traum sagen wollte.
Ich versuchte, das zu verstehen. Ob der Mensch wohl seine Träume irgendwie nutzen könnte? Warum sollte er sonst überhaupt träumen? Könnte man vielleicht Geräte bauen, die die Träume aufzeichnen? Damit man sie sich noch einmal im wachen Zustand ansehen kann. Oder gelingt es der Wissenschaft irgendwann sogar, Träume zu planen und zu steuern, die Themen vorzugeben? Möglicherweise wird man dann im Traum lernen können. Oder man erfüllt sich seine Wunschträume.
Da die Träume meist willkürlich und flüchtig sind, drängen sich noch andere Fragen auf: Was passiert mit ihnen, sobald man aufwacht? Wohin gehen die Träume, werden sie irgendwo gesammelt oder entschwinden sie endgültig? Kann man sie nachträglich löschen? Kann man möglicherweise auf ihren Verbleib Einfluss nehmen? Oder sie anderen Menschen übertragen, damit diese den gleichen Traum erleben? Vielleicht könnte man angenehme Träume sogar vermarkten?
War die Menschheit in der Vergangenheit weiter als heute? Bekanntlich galten Träume bei vielen Völkern der Antike als Erfahrung des Übersinnlichen, als Instrument der Prophezeiung und der Wahrsagerei. Sie bestimmten die Zukunft und das Schicksal der menschlichen Existenz. Man bemühte sich daher, Träume durch Askese, Drogen oder Trance gezielt herbei zu führen. Traumdeuter waren anerkannte Persönlichkeiten. Können wir daran anknüpfen?
“Träume sind nicht durch das Bewusstsein zu steuern, so sehr man sich auch bemüht. ”
Doch folgendes Detail funktioniert bei mir in – zum Glück seltenen – Albträumen: in ausweglosen Situationen kann ich fliehen durch (weg-)fliegen. Sehr angenehm! Im Traum weiss ich bereits, dass ich es kann und tue es. Warum das so ist – keine Ahnung.