u.a. nach Bonn, seiner “alten Heimatstadt”
Die Mediennachricht des Tages, die aber nur wenige Medien interessiert, weil sie die Bedeutung nicht einordnen können, ist: Markus Beckedahl verlässt sein 20-jähriges “Kind” netzpolitik.org. Er selbst schreibt dazu heute früh um 7.39 h: “Danke, netzpolitik.org! – Was ich in den letzten 20 Jahren lernen durfte und nun auf neue Wege mitnehme. Der vorerst letzte Text von Markus Beckedahl auf netzpolitik.org.”
Loslassen können ist eine Stärke. Seine autobiografische Begründung erscheint mir schlüssig. Weder in seinem noch im Abschiedstext der Redaktion wird erwähnt und transparent gemacht, welche Nervereien und Streits zu dieser Trennung geführt haben. Ich habe daran auch kein vertieftes Interesse. Entscheidend ist, was unten rauskommt.
Bemerkenswert ist sein bisheriges Lebenswerk und sucht seinesgleichen. Der Blog, den er nun verlässt, sammelt alljährlich eine relevante sechsstellige Eurozahl an Spenden, und hat nicht wenige hochqualifizierte Arbeitsplätze geschaffen. Politisch noch spektakulärer war und ist die re:publica, die heute das grösste Konferenz- und Kommunikationevent für die Republik “links der CDU/CSU” (laut Willy Brandt die Mehrheit) im deutschen Sprachraum ist.
Wenn Beckedahl schlau genug für die Entwicklung von Geschäftsmodellen ist, also vielleicht ungefähr so schlau wie lit.Cologne-Gründer Rainer Osnowski, dann kann er als Selbstständiger gut, und qualitativ sogar besser leben. Ich weiss, wovon ich schreibe.
Bemerkenswert ist Beckedahls führendes (“kuratierendes”) Engagement für “b future festival für Journalismus und konstruktiven Dialog“ in Bonn, das im letzten Jahr vom Bonn Institut für konstruktiven Journalismus ins Leben gerufen wurde. Ich weiss, dass alte Journalismus-Kämpen das für neumodischen Kram halten. Ist es aber nicht. Bonns OB Katja Dörner hatte sich vor Monaten mir gegenüber begeistert und stolz über die Ansiedlung dieses Instituts in unserer Stadt gezeigt. Mit Recht.
Es geht im Kern darum, ob es in Zukunft noch eine Verbindung zwischen Medienproduktion und der Mehrheit der Mitglieder einer Gesellschaft geben wird. Oder ob die verschwindet. Denkbar ist z.B. auch, dass Medien- und Informationsproduktion nur noch eine Beschäftigung der zahlungskräftigen herrschenden Klassen wird – derer, die es sich nicht leisten können, sich belügen zu lassen. Vieles ist im real existierenden Kapitalismus auf dem Weg dahin. Ich bin immer dafür, diese Entwicklung durch Entwicklung neuer Demokratie-Elemente zu stören. Und Beckedahl auch. Dafür kenne ich ihn gut genug.
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