Ach Duisburg. Viele meiner Freund*inn*e*n wuchsen dort auf. Extradienst-Autor Dieter Bott hat auch dort ein Fanprojekt organisiert. Aber ausser “Schimanski” in den 80ern, von der Kommunalpolitik anfangs radikal bekämpft, hat es wenig Marketingerfolge für die gebeutelte Stadt gegeben. Oftmals stand und steht ihr der Rassismus im Weg. Von der in der BRD vorherrschenden neoliberalen Wirtschafts- und Steuerpolitik ganz zu schweigen, die fast alle NRW-Kommunen, auf jeden Fall alle im Ruhrgebiet, dem Hungertod nahegebracht hat. Was dabei unten rauskommt, davon hat sich Vivien Leue/DLF in Duisburg-Hochfeld ein Bild gemacht.
Diese Mitarbeiterin – wie prekär oder fest beschäftigt, weiss ich nicht – ist immer eine journalistisch erfreuliche, weil qualifizierte Erscheinung. Besonders heute morgen.
“Das Wochenendjournal: Bildungsgerechtigkeit – Kindern im Brennpunkt eine Chance geben – Der Bildungserfolg in Deutschland hängt noch immer von stark von der Herkunft ab. Kinder und Jugendliche aus sozial schwierigen Verhältnissen bleiben weiter benachteiligt. Doch es gibt Projekte und engagierte Menschen, die dagegen angehen. Um Chancen und Hoffnungen für Kinder aus dem sozialen Brennpunkt geht es im ‘Wochenendjournal’.” Audio 46 min.
Das Duisburger Stadtmarketing sollte sich das anhören. Besser geht es nicht. Hier kommen starke engagierte Menschen zu Wort, die Arbeit leisten, die mit Geld kaum aufzuwiegen ist. Und folgerichtig auch nicht wird. Denn Erzieher*innen, auch Grundschullehrer*innen, zieren in allen Gehaltstabellen das untere Ende – umgekehrt proportional zu der Leistung, die sie für diese Stadt und unsere Gesellschaft erbringen. Folgerichtig gibt es auch zu wenige von ihnen. Den von Frau Leue befragten Menschen ist anzuhören, dass sie nicht nur ihre Arbeit machen, sondern sich als ganzer kompletter Mensch in die Arbeit mit zahllosen geliebten Kindern werfen – die ihrerseits viel davon zurückgeben. Diese emotional aufwühlende im besten Sinne soziale Arbeit hat nur einen Fehler: sie lässt sich vom real existierenden Kapitalismus in diesem reichen Land besonders effektiv ausbeuten.
Inwieweit der DLF Frau Leue effektiv ausbeutet, wäre eine weitere medienpolitisch interessante Frage. Auf jeden Fall hat sie viel gegeben. Meine respektvolle Hochachtung als Hörer!
#metoo und der Medienkapitalismus
Michaela Wiegel/FAZ gehört nicht zu den rechten Hetzer*inne*n und Brückenbauer*innen zur AfD in ihrer Redaktion, sondern ist nach meiner unmassgeblichen Leserwahrnehmung eine seriöse, im besten Sinne konservative Journalistin. Sie schreibt heute über einen Gerichtsprozess in Frankreich, dessen Fall ich wegen allzu umfassender Yellowpress-Verseuchung als Leser bisher weiträumig umschifft habe. Und Frau Wiegel bestätigt mich in meinem Verhalten: “‘Wann haben Sie kapiert, dass es Vergewaltigung war?’ – Die Anwältin Nadia El Bouroumi fällt im Vergewaltigungsprozess in Avignon durch ihren aggressiven Ton auf. Sie beklagt ‘eine Form der Manipulation’.” (mit Safari vermauert, mit Firefox eben noch paywallfrei).
Die Geschichte ist zweifellos emotional aufwühlend. Und ihre Ausbeutung durch das Medienkapital hemmungslos. Diese Mechanismen sind es, die Vergewaltigungsopfer abschrecken, sich zu wehren und der veröffentlichten Meinung zur Verwurstung anzubieten.
Die beschriebene Anwältin Nadia El Bouroumi, mir bisher unbekannt aber offenbar mittels dieses Falls berühmt und erfolgreich werdend, erinnert mich an die glänzend geschriebenen TV-Anwaltsserien von David E. Kelley, dessen Klischees von realen Anwält*inn*en, die keine Einser-Jurist*inn*en, aber “modern” und PR-affin sind, gerne im wahren Leben nachgespielt werden.
Ich weiss, dass einige was-mit-Medien und was-mit-Jura-Leute unter Ihnen als Extradienst-Leser*innen sind. Wenn Sie in diesem, wie ich finde, unappetitlichen Gefüge Reste von “Ethik” finden, helfen Sie mir bitte weiter.
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