Und: Corona-Nachrichten, die es hierzulande kaum in Schlagzeilen schaffen
Berichtet die Regionalpresse? Keine Ahnung, denn wenn, dann ist eine Bezahlmauer drumrum. Der WDR ist ebenfalls mehr mit der Kürzung seiner Informationsleistungen befasst. Und will vielleicht nicht mehr Ärger als nötig. Diese kleine, von der SZ nicht in einer Mauer vermauerte Meldung ist vermutlich, zusammen mit der Leverkusener Brücke, und denen, die ihr noch folgen werden, der grösste Bauskandal unseres Bundeslandes, der bereits mindestens ein nachgewiesenes Todesopfer gefordert hat. Die Meldung besagt u.a., dass das Problem, das eine Frau erschlagen hat, dem zuständig Landesbetrieb Strassen.NRW seit 2008 bekannt war.
Ist das nicht ungefähr die Bauzeit des Berliner Flughafens? (Antwort: 14 Jahre) Da die Bauingenieure ihr Arbeit gemacht, und den Fehler identifiziert hatten, stellt sich umso mehr die Frage, wer die daraus folgende jahrzehntelange Untätigkeit – und die jetzt offensichtlich ausgebrochene Hektik – zu verantworten hat. Und warum traut sich der verantwortliche Landesverkehrsminister vor keine Kamera und kein Mikrofon, um zumindest, wie es sein Kollege Laumann im Metzgerei-Corona-Skandal getan hat, den Aufräumer zu simulieren? 2008 hiess der zuständige Landesminister übrigens Oliver Wittke, zu seinen besseren Zeiten 1999-2004 mal OB von Gelsenkirchen, mit einer grossen Schnauze ausgestattet, die ihm in seiner eigenen Partei viele Feind*inn*e*n gemacht hat.
Es verstärkt sich mein Endruck, dass diesen vom Schlampigkeits- und Verantwortungsabschiebe-Virus befallenen Strukturen ein Autobahnbau nicht mehr anvertraut werden kann, also auch und besonders hier in Bonn nicht (Tausendfüssler, Nordbrücke). Autobahnfahren in NRW ist (mindestens) so gefährlich, wie Intensivstation ohne Schutzkleidung.
Corona-Nechrichten
Gerd Glaeske benannte im DLF-Kultur die Versäumnisse des Corona-Sommers. Die Politiker*innen hätten sich das Leben leichter machen können, wenn sie für empirische Grundlagen und mehr öffentliche Transparenz ihres Handelns gesorgt hätten. Dafür war wohl keine Zeit, das eigene Denken von anderen Kriterien bestimmt. “Die in Berlin” und in den Landeshauptstädten) sollten nicht glauben, dass das keine*r merkt. Im Gegenteil: die Leute sind nicht so doof, wie Hauptstadtpolitik und -medien glauben.
Die Alten, insbesondere die Hilfsbedürftigen unter ihnen, kann das in Depression und Verlust an Lebenswillen treiben. Soll es das? Mein Freund Michael Kleff beschwert sich zwar gelegentlich bei öffentlichen Medien über die Verkündigungssendungen der unter Mitgliederschwund leidenden Kirchen. Das DLF-Magazin “Tag für Tag” ist aber gar keine. Ich nutze es meistens zum Weg ins Bad, heute war ich aber wieder zu faul, und es hat sich gelohnt, für diesen aufschlussreichen Bericht von Camilla Hildebrandt aus der Uckermark (von Berlin aus um die Ecke, Heimat Angela Merkels).
Asien
Wenig dringt über die Coronapolitik asiatischer Länder in die hiesige Öffentlichkeit. Es dominieren plakative Bilder. Anders lässt sich die Arbeit von Korrespondent*inn*en nicht an ihre unwissenden Heimatredaktionen verkaufen. Schade um den Journalismus. Und wenn Berichte hierher durchdringen, dann müssen sie politisch mit der Heimatbrille konnotiert werden. Ich setze mir beim Lesen meinerseits meine Brille auf, um Bericht von Sichtweise zu trennen. Z.B. bei diesem inhaltlich recht erregenden Bericht von Friederike Böge/FAZ über die chinesischen Untersuchungen zur Herkunft des aktuellen Coronavirus, und diesem aufschlussreichen Bericht von Patrick Welter/FAZ zur Lage in Japan.
Wem Sie was glauben, müssen Sie wie immer selbst entscheiden.
Und hier zur Aufbesserung ihrer Stimmung
Friedrich Küppersbusch sendet leider nicht mehr täglich, wie bei seinem einstigen Locker Room, sondern nur noch montags, mittwochs und freitags. Montags handelt es sich um eine Verfilmung seiner wöchentlichen taz-Kolumne. Es fehlt mir also jede Regelmässigkeit, um ihn ritualhaft in meinen Tagesplan einzubauen. Ist das vielleicht die Absicht? Dann funktioniert das. Als ich heute morgen so viel Schlechtes gelesen hatte (Maradona tot, überdeckt in der Fußballberichterstattung den sensationellen Champions-League-Lauf meiner Borussia, bei dem sowieso keine*r zuguckt), fiel mir ein, dass ich wieder einen Schuss Küppi brauchte, Und ja, er hat wieder gewirkt: wie der Einkaufsbummel mit seinem Sohn scheiterte, das ist “ein herrlisches Bild” (zit. Jürgen Becker), und ich war wohlgestimmt zur Zubereitung einer weiteren schmackhaften Mahlzeit.
Ebenfalls stimmungsaufhellend: Leo Fischer/Jungle World begegnet “Dieter Nuhr”.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net