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BahnCard nur noch digital?

Wundersame Bahn CLXXIV

Am Fahrkartenschalter in Bern erfuhr ich von einem Mitarbeiter der Schweizer SBB, dass bestimmte Fahrkarten nur noch online verfügbar sind. Dann nämich, wenn die Fahrstrecke auch durch Österreich führe, gäbe es nur noch Online-Tickets. Da ich mir bisher kein Smartphone zugelegt habe, würde demnach Österreich als Reiseland für mich ausfallen. Denn ich fliege nicht und fahre kein Auto. Zu Fuß ist es mir von Bonn aus nach Wien einfach zu weit. Also werde ich noch mal genauer nachfragen – vielleicht gilt diese Regelung ja nur bei internationalen Fahrkarten. Ich bin gespannt auf die Antwort und werde hier berichten.

Ich möchte meine Bahncard in der Hand haben, genau wie meine Fahrkarte

Der Herausgeber dieses Blogs, Martin Böttger, machte mich nun darauf aufmerksam, dass in Deutschland künftig die Bahncard nur noch in digitaler Form erhältlich sein soll. Martin findet das gar nicht gut. Ehrlich – ich auch nicht, zumal ich – wie schon erwähnt bisher über kein Smartphone verfüge und diesen Zustand auch so lange wie möglich aufrecht erhalten werde. Ich sehe nämlich nicht ein, selbst zu meiner eigenen Überwachung beizutragen.

Weil es das natürlich genau wissen wollte, habe ich die Bahn AG gefragt und zitiere die Antwort der “Bahnsprecherin“, die namentlich nicht genannt werden möchte – was ich bei diesem Arbeitgeber auch verstehen kann. Hier die Antwort im Wortlaut:

“Stichwort BahnCards: Zunächst sind seit dem gestrigen Sonntag die Probe BahnCards 25 und 50 nur noch als rein digitale Produkte erhältlich, im zweiten Halbjahr 2024 sollen auch die anderen BahnCards folgen. Digitale BahnCards bergen für die Kund:innen viele Vorteile, vor allem aber leisten sie auch einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit. Allein durch den Verzicht auf die analogen Karten wird die DB 30 Tonnen Plastik pro Jahr einsparen. In jedem Fall bleibt also auch in Zukunft richtig: Wer eine BahnCard hat, schont die Umwelt und seinen Geldbeutel gleichermaßen.”

Wie in diesem Organ bereits berichtet, sind derzeit in und um Siegen wieder Gemeindediener unterwegs, um wichtige Post auszutragen. Weil nach einem Hackerangriff auf den zentralen Online-Dienstleister 103 Gemeinden seit Oktober 23 offline sind. Das zeigt, wohin eine komplette Umstellung auf digital führen kann.

Ich möchte bei meinen Bahnfahrten nicht davon abhägngig sein, ob es im Zug ein belastbares Netz gibt. Das gibt es bisher jedenfalls längst nicht in allen Zügen. Und einer Bahn, die es nicht einmal schafft, Züge rechtzeitig aufs Gleis zu setzen oder für Toiletten zu sorgen, die auch benutzbar sind, traue ich nicht über Weg.

Warum eine solche Firma insgesamt mehrere Millionen Euro an Boni an ihre Vorstände auszahlt möchte ich auch gerne noch erfahren. Ich werde die Bahnsprecherin mal fragen.

 

2 Kommentare

  1. Michael Kleff

    Ich habe mir erlaubt, der Bahn diese Mail zu schicken:

    ich bin Abonnent einer “Senioren-Bahncard 50”. Ich entnehme der Berichterstattung diverser Medien, dass Sie die BahnCard in Zukunft “nur noch digital” anbieten wollen. Ich finde es ausgesprochem befremdlich, dass Sie eine solche Änderung der Öffentlichkeit mitteilen, ohne zuvor den Inhabern der Bahncard Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Ihre Pressestelle verweist darauf, dass “60 Prozent der BahnCard-Kundinnen und Kunden bereits jetzt die digitale Form der Karten in der App DB Navigator benutzen würden. Das heißt im Umkehrschluss, dass 40 Prozent das nicht tun. Und die zwingen Sie jetzt einfach mal so? Ich finde, es gibt ein Recht auf analoges Leben, das Sie mit Füßen treten. Darüberhinaus bedeutet es für mich eine Form der Altersdiskriminierung. Ich erinnere mich aus meiner Zeit als Journalist daran, als es eine Versuchsphase gab, Tickets abzuschaffen und den Ein- und Ausstieg aus dem Zug digital zu erfassen und zu berechnen. Auf meine Nachfrage in der DB-Pressestelle, wie man gedenke, Menschen ohne Handy zu behandeln, wurde mir mitgeteilt: “Für Alte und Behinderte denke man an Sonderregelungen.” Das kann nur aus dem Mund eines Mitarbeiters kommen, der gerade sein Betriebswirtschaftsstudium beendet hat und keine Rücksicht auf die Bedürfnisse von Menschen nimmt, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht jeden Trend der Technologie mitmachen.

    Die DB-Antwort:
    Wir stellen fest, dass der Anteil der Kund:innen, die gar keinen Zugang zur digitalen Welt haben, sehr gering ist. Dennoch ist uns eines ganz wichtig: Wir wollen den Weg der Digitalisierung gemeinsam mit unseren Kund:innen gehen.

    Das heißt wir werden unsere Kund:innen bei allen Schritten umfassend informieren und beraten. Unsere Berater vor Ort werden umfassend geschult um Kund:innen, die bisher wenig Berührungspunkte mit der digitalen BahnCard sammeln konnten, entsprechende Beratungsleistungen und Hilfestellungen geben zu könne

    Ich werde jetzt nachfragen, ob die Bahn mir ein Smartphone zur Verfügung stellt.

  2. Martin Böttger

    Michael Kleff (s.o.) bekam heute morgen vom BahnCard-Service diese erstaunlich verbindlich formulierte Zusicherung:
    “Wir möchten uns für das Missverständnis entschuldigen. Ab dem 10. Dezember 2023 werden keine physischen Karten mehr für das dreimonatige ‘Probe BahnCard’ Abonnement ausgegeben. Diese Regelung gilt jedoch nicht für das Jahres Abonnement. Sie erhalten weiterhin eine Physische Karte, wenn Sie ein Jahres Abonnement abschließen oder es sich automatisch verlängert.”
    Notieren Sie: Freitag, 15.12., 9:32 h.

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