Lächerlich dieser 8-Millionen-Deal des BVB mit Marco Reus. Das große Rad dreht immer noch der 70-jährige Günter Netzer. Die Firma Infront, deren Vorstand er bevölkert, wechselt für 1 Mrd. den Hauptbesitzer: ein britischer Investmentfond übergibt an einen chinesischen Immobiliendealer.
Nur die Älteren wie ich erinnern sich an den Fußballspieler Günter Netzer, der als 21-jähriger mit Borussia Mönchengladbach in die Bundesliga aufstieg. Ein 7:0 gegen den SSV Reutlingen war damals die Vorentscheidung. Wenige Jahre später sollte ein 11:0 gegen S04 folgen (im Tor damals: Friedel Elting). Beim 12:0 gegen den BVB war Netzer schon weg, in Zürich.
Im gleichen schönen Schweizerland sitzt die Firma Infront. In Zug am Vierwaldstätter-See. Ich habe den Ort mal vom Raddampfer aus gesehen. Große gewerbliche Bürobauten waren nicht zu sehen. Aber jede Menge großzügige freistehende Einfamilienhäuser in Hanglage. Ein Einheimischer, der sich für den Erhalt der alten Raddampfer auf dem See engagierte, zählte mir auf, welcher verbrecherische Steuerflüchling in welchem Haus residierte. In irgendeinem Briefkasten dort wird die Firma Infront “wohnen”.
Ihr Gründungsvater war der ehemalige Gottseibeiuns – fragen Sie mal Friede Springer und Matthias Döpfner! – der deutschen Medienbranche Leo Kirch. Mit Infront machte er nicht schlechtes Fernsehen, sondern dealte in Handlungseinheit mit den Vereinigungen FIFA, UEFA, DFB, DFL u.a. mit Senderechten vom Fußball und wenigen anderen Sportarten. Netzer war dabei immer sein intelligenter und williger Helfer und hat damit sicherlich mehr verdient als mit Fußballspielen.
Mit Kirch ist es nicht gut gelaufen. Die Räder, die er drehen wollte, waren zu groß für ihn, spätestens als sein Freund Helmut Kohl das Bundeskanzleramt an Gerhard Schröder verlor. Seine Kreditgeber liessen ihn fallen. Infront ging von ihm an Robert Louis-Dreyfus über, das ist der, der später Uli Höneß beträchtliches Spielgeld gab. Dreyfuß verkaufte weiter an einen Investmentfond, der wieder an einen anderen usw. Alle, außer Kirch, aber bei dem hatte das andere Gründe, machten immer einen Super-Schnitt dabei.
Der jetzige Neubesitzer, ein chinesischer Immobilienfond, soll 1988 gegründet worden sein, und wie es unserer China-Fantasie entspricht, über märchenhaft großes Kapital verfügen. Hierzulande verfügbare Informationsquellen lassen nicht erkennen, welche strategischen Interessen er verfolgt und welche Rolle er in dem viefältigen Riesenland China spielt. Man muss sich auf spekulatives Kombinieren verlassen. Geraunt wird von den Fußball-WMs 2018 in Russland und 2022 in Katar. Berücksichtigen muss man wohl auch, dass auf dem chinesischen Immobilienmarkt zum Teil Londoner Verhältnisse herrschen. Einserseits werden unfassbare Profite realisiert, andererseits Geisterstädte, die niemand braucht, in den Sand gesetzt. Über eine Blase wird viel geredet, aber wie immer weiß niemand, wann sie wirklich platzt.
Eine Woche zuvor hatte der gleiche Investor 20% von Atletico Madrid gekauft. Aus dem Anlass veröffentlichte die Jungle World einige aufschlussreiche Hinweise zu seinen strategischen Interessen.
Das ist das große Rad, an dem gedreht wird. In England hat die Premier-League gerade einen neuen Deal mit Murdochs Sky und der British Telecom abgeschlossen. Dort ist die Enteignung des Fußballs von den Fans zum Großkapital bereits weitgehend vollzogen. Hierzulande läuft sie noch. DFL-Funktionär Seifert forderte bereits mehr Geld, mehr Anstoßzeiten, mehr Vermarktung usw., sonst sehen wir nur noch zweitklassigen Fußball. Wir? Dann sowieso nicht mehr. Die Preisvorstellungen von Herrn Seifert wird meine Fußballkneipe wohl nicht mehr erfüllen können. Das Alleinstellungmerkmal des Fußballs als letztes klassenübergreifendes Kommunikationsthema in unserer Gesellschaft werden die wohl in Kürze vernichten.
Heute meldeten die Radionachrichten, dem reichsten 1% in Deutschland gehörten nicht “nur” 18% der Vermögen, sondern 30%. Ziemlich viele Billionen waren es. Macht nur so weiter.
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