Arrigo Sacchi, einer der größten Fußballtrainer ever, gibt leider gerade ziemlich den Löffel ab. Über ihn wird berichtet, er sehe in italienischen Jugendmannschaften “zuviele Schwarze” und das schade der “italienischen Identität” im Fußball. Egal wie glaubwürdig Sacchi sich danach korrigierte und dementierte, so gibt er doch eine in Italien verbreitete Weltsicht wieder, die durchaus aussagekräftig für die Krise der dortigen Gesellschaft ist. Mit der Wirklichkeit im Fußball hat dieses Gestammel dagegen nichts zu tun.
Ausgerechnet Sacchi. In seiner Trainerschaft spielte der AC Milan einen globalisierten, scheinbar “unitalienischen” Fußball und kam dem Cruyffschen Ideal vom “tootalvoetbal” am nächsten, mit drei Niederländern, die in seinem Team eine Achse bildeten, von denen zwei, Ruud Gullit und Frank Rijkaard ziemlich eindeutig schwarz sind. Ohne sie wäre Sacchi nicht der Trainerstar geworden, der er war, die Karrieren von Franco Baresi, Paolo Maldini und Carlo Ancelotti, dem heutigen Trainer des Milliardärvereins Real Madrid, hätten so manchen Knick erlebt. Der einzige Vorteil für ein Italien ohne die Schwarzen Gullit und Rijkaard wäre gewesen, dass es Silvio Berlusconi vielleicht etwas schwerer gefallen wäre, Italiens Regierungsmacht zu erobern, das Land damit nachhaltig zu schädigen und in seiner politischen, sozialen und kulturellen Entwicklung um Jahrzehnte zurückzuwerfen.
Wenn Sacchi heute im Fußball noch auf der Höhe der Zeit wäre, wüsste er, wie es Jürgen Klinsmann und Yogi Löw gelang, am Fußballweltmeister von 2006 vorbeizuziehen: mit Spielern ohne traditionsdeutsche Namen, mit diversesten Haar- und Hautfarben (und auch sexuellen Orientierungen), von denen einige wenige noch nicht mal die Nationalhymne mitsingen. Für die Identität des Landes des aktuellen Fußballweltmeisters war das genau das Richtige.
Letzte Kommentare