Es ist eine alte Volksweisheit im Fußball, dass es keine “Kleinen” mehr gibt. Auch wenn das im Landes des Weltmeisters gerne mal vergessen wird, beweisen es doch die meisten Ergebnisse zur Qualifikation zur Fußball-EM 2016.
Island ist Gruppensieger, vor Tschechien, Niederlande u.a. Zypern gewann auswärts in Israel (einer von insgesamt 4 Siegen dieses Fußballzwerges), Weissrussland in der Slowakei, deren Vorgängerrepublik immerhin schon mal Vizeweltmeister (1962) war. Während Georgien “uns” in der zweiten Halbzeit am Rand einer Niederlage hatte, verlor Estland in England auch nur 0:2. Die Faröer, die den heutigen Gruppensieger Österreich schon mal fürchterlich blamiert hatten, haben zwei Siege in ihrer Gruppe eingefahren und hatten den Ex-Vizeweltmeister Ungarn (1954) am Rande einer Niederlage, und zwar auswärts!. Liechtenstein, man stelle sich vor, schaffte einen Sieg und zwei Unentschieden, bei einem Torverhältnis von, nun ja, 2:23. Ein Tor, ich habe es gesehen, hat auch, erstmals in seiner Pflichtländerspielgeschichte, San Marino geschafft, bei 34 Gegentoren.
Was lehrt uns das? Fußball ist ein globalisierter Sport. Jeder Mensch kann ihn erlernen und trainieren, überall. In den 70er Jahren glaubte man ja noch nicht mal, dass Frauen ihn erlernen könnten. Heute wissen wir das besser. Nationalität, Hautfarbe, Geschlecht spielt dabei alles keine Rolle. In meiner Kneipe waren heute alle erstaunt, was für feine Fußballer diese Georgier sind. Ja tatsächlich, die können nicht nur exzellenten Wein anbauen. Sie haben außerdem gezeigt, zu was ein geschlossen solidarisches Team gegen einen angeblich überlegenen Gegner fähig ist. Nachdem sie in der 1. Halbzeit nur eine Großchance erspielten und die Deutschen schon durch einen von Özil “erarbeiteten” Elfmeter in Führung gegangen waren, schafften sie nicht nur den Ausgleich aus dem Spiel heraus, sondern hätten gegen den nun verunsicherten und vom eigenen Publikum in Leipzig ausgepfiffenen deutschen Gegner sogar in Führung gehen können. Boateng und Hummels trauten sich aus Angst vor Gegenangriffen bei Standardsituationen nicht mehr nach vorne. Dieses Symptom zeigt, dass in der Mannschaft in Stresssituationen einiges nicht stimmt. Die angebliche Führungsspielerfunktion von Boateng wird entweder nicht von allen akzeptiert, oder er übt sie nicht stark genug aus.
Undankbar auch das Leipziger Event-Publikum. Özil, der zu beiden deutschen Toren die Assists gab und mehrere “hundertprozentige” Chancen von Reus in der ersten Halbzeit aufgelegt hatte, wurde ausgepfiffen, statt stark gemacht. Reus hat so viele Chancen ausgelassen, dass er von BVB-Trainer Tuchel eine eigene Psychotherapie bekommen muss (ist die Sache mit dem Führerschein noch nicht ausgestanden?).
Solche Kleinigkeiten können beim heutigen globalen zusammengerückten Leistungsniveau schon gegen “kleine” Gegner entscheidend sein. Für den Sport ist das gut und hat uns heute einen wider Erwarten spannenden Abend geboten.
Wenn nur Fifa, Uefa, DFB, DFL und Beraterindustrie (und im Jugendfußball: Eltern!) nicht wären. Und all die Milliardäre, die sie aushalten.
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