Gewinnt Bonn etwa jetzt Anschluss an die globale Entwicklung? Der seit Mai amtierende Planungsdezernent Helmut Wiesner, zugewandert aus der Weltmetropole Troisdorf, brachte jetzt in einem Gespräch mit dem ADFC den Gedanken eines Shared Space vor dem Hauptbahnhof auf. Die Bonner Kommmunalpolitik hat diesen internationalen igitt-Begriff bisher gescheut wie der Teufel das Weihwasser, aus Angst vor den Wutbürgern, die lieber strenge Regeln haben und aus Angst vor Anarchie jederzeit rechtsradikal wählen könnten.

Die müssen Shared Space tatsächlich fürchten. Es ist das Gegenteil von Umerziehung, es wirft den Verkehrsteilnehmer auf sich selbst und sein eigenes Verhalten zurück. Er wird gezwungen, die Anderen wahrzunehmen, wenn ihm seine eigene Gesundheit noch was wert ist. Rechthaben nützt nix, weil Regeln, Reviere, Territorien aufgehoben sind. Gut, bei den Deutschen muss man sich da Sorgen machen.

Andererseits gibt es faktisch immer mehr Shared Spaces, ohne dass die Politik sie eingerichtet hat. Das Beueler Zentrum am Samstag z.B.. Die Bürgersteige sind zu schmal, Kinderwagen, Fahrradanhänger, Außengastronomie (bravo an Tchibo, wo auf die Parkplätze vor dem Laden einfach Stehtische gestellt wurden), Straßenbahn, Busse, ohne Reduzierung auf Schrittgeschwindigkeit geht da sowieso nichts mehr.

Selbst die Rheindorfer Straße, die wegen des Busverkehrs leider nicht verengt werden kann, auch hier sind die Bürgersteige zu schmal, wird durch zunehmenden Fahrradverkehr faktisch langsam verkehrsberuhigt, mutige Fußgänger wie ich tragen durch bewusst langsames Überqueren dazu bei, ebenso die wachsende Zahl von Rollatoren. Gut so. Die Politik könnte nachziehen, und das gesamte Viertel nördlich des Adenauerplatzes zum Shared Space erkären. Über die Neugestaltung der Bushaltestelle Schwarzrheindorf/Schule und den Platz drumherum wird sowieso gerade diskutiert, eine günstige Gelegenheit.

Leider ist die Quelle dieses Berichtes (noch) nicht verlinkbar. Die Idee von Helmut Wiesner habe ich dem “Rückenwind 4/16”, der Mitgliederzeitschrift des Bonner ADFC entnommen (Seite 16). Warum die schneller gedruckt im Briefkasten als online ist, ist mir technisch ein Rätsel. Aber das ist typisch Bonn.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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