…. könnte Sahra Wagenknecht werden. Ich hatte es nicht bemerkt, weil ich die “Welt” in der Regel nicht lese. Ein bitterböser Kritikartikel von Tomasz Konicz auf Telepolis machte mich auf ein Interview aufmerksam, das Sahra Wagenknecht den Herren Aust und Scholz gegeben hat, und den Herren dabei fachgerecht auf den Leim gegangen ist.
Sicher, man darf das alles sagen, wenn man es für richtig hält. Der reine naive Glaube an die Kraft des “Arguments” darf zwar vielen Bürger*inne*n, aber sicher nicht einer Spitzenpolitikerin von diesem Rang abgekauft werden. Es werden strategisch bewusst Signale in die Öffentlichkeit gesetzt, über die sich ausgewählte Berater*innen*stäbe den Kopf zerbrechen. Was sind das für Wagenknecht-Signale?
Ist es Verzweiflung ob der Abwanderung vieler Linken-Wähler*innen zur AfD? Dieses mechanische Wanderungsbild täuscht. “Wählerwanderungen” sind demoskopische Spekulationen, die in der Nervösen Zone Berlin als harte Währung gehandelt werden. Tatsächlich hat die Linkspartei ein Mobilisierungsproblem, im Osten durch ihre Realopolitik, im Westen durch ihre ziel- und perspektivlose Linkssektiererei. Umso mehr beneidet sie die AfD um ihren Mobilisierungserfolg, die bringt Menschen an die Urne zurück, die sich schon vom Wählen verabschiedet hatten und jetzt ein Ventil für ihren – lange stummen – Zorn, Wut und Hass gefunden zu haben glauben.
Keine Vertretung im politischen Raum finden dagegen die Millionen Menschen in unserem Land, die sich seit über einem Jahr für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in Deutschland und Europa einsetzen und überwiegend ehrenamtlich den Arsch aufreissen, und darum weder Zeit noch Lust haben, dazu – in ihren Augen überflüssigen und unnötigen – Lärm zu machen. Sie erleben die Koalitionspolitik der Grünen in den Ländern, die sich dort ihr Eintreten für Flüchtlinge – zu unterschiedlichen Preisen – von ihren Koalitionspartnern CDU und SPD abkaufen lassen. Sie erleben Boris Palmer und Sahra Wagenknecht, und die SPD …. ach, das würde jetzt zu weit führen.
Was bleibt übrig?
Wer wird in den öffentlichen Auseinandersetzungen und Inszenierungen am meisten erwähnt, am meisten sachlich und unsachlich, politisch und persönlich, zu gefühlt 80-90% von aggressiven Männern, die sich vor der “schönen” Wagenknecht immer noch zu einem Kavaliers-Bückling bereitfinden, angegriffen und angefeindet? Richtig!

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net