Es ist verdienstvoll, dass sich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) zum wiederholten Male dem massenhaften Hungern überwiegend junger Frauen zugewandt hat. Ebenso lobenswert ist es, dabei Positivbeispiele und -vorbilder zu präsentieren. Leider prügeln leitende Angestellte in den Redaktionen ihre Untergebenen dabei immer wieder “Serviceorientierung”, “immer an die Leser denken” und Ratgeberfunktion ein, was in diesem Fall, wie bei der FAS auch nicht anders zu erwarten, zu einem zu kurzen Sprung führt.
Schon das Verkürzen des Problems auf bestimmte böse Medien, in diesem Fall “Instagram”, ansonsten sind z.Z die bösen “Castingshows” beliebtes Objekt von hilflosem Geschimpfe, ist vordergründig und lächerlich. Schliesslich sind wir von Körperbildern in Realität und Fantasie permanent umstellt. Das Gleiche gilt für konkurrenzhafte, wettbewerbsorientierte Vergleiche und Blicke. Von klein an wird uns eingetrichtert, dass wir – in irgendwas – besser sind oder sein müssen als die andern. Das sind keine Einzelereignisse, sondern das hat System.
Dieses System heisst Kapitalismus.
Teil des Kapitalismus ist der Geschlechterkampf. In diesem hat der heterosexuelle, weisse Mann – nicht mehr jeder individuell, aber eine sehr große Mehrheit – die Oberhand, die gesellschaftliche Definitionsmacht und das sehr individuelle Gewaltverhältnis auf seiner Seite. Die Mehrheit der Frauen will unter diesen Bedingungen nicht warten, ob sie die feministische oder wenigstens Gleichberechtigungs-Revolution noch erleben, sondern sich effizient und pragmatisch im jetzigen Leben strategisch positionieren. Es ergibt sich ganz klar, dass das, was im gesellschaftlichen Mainstream gerade aktuell als Sexyness definiert wird, als Machtkampfmittel eingesetzt werden kann. Ein Privileg, das junge Frauen und Männer gegenüber den meisten Alten auf ihrer Seite haben; und sie wissen, wenn sie ernsthaft darüber nachdenken: die Zeit ist knapp! Zeitgemässe US-TV-Serien geben sich nun besonders fortschrittlich-gleichberechtigungsorientiert, indem sie diese Eigenschaft gerne auch dem männlichen Geschlecht zuordnen, hauptsache Sex. Generell werden Hautfarben und Geschlechterorientierungen von Hollywood so gerne gemixt wie Cocktails. Das macht das Leben bunt und unterhaltsam – wers mag (ich mag es auch).
Was aber kann das Ich in diesem Gewirr unternehmen, um oben zu bleiben? Es muss sich selbstoptimieren. Und die FAS bemüht sich zu beraten, was für diesen Zweck gesund und was ungesund ist. Gesund und ungesund ist aber nicht soundsoviel Sport und soundsoviel Essen und Hungern, sondern ungesund ist das kapitalistische Konkurrenzverhältnis, und gesund ist, wenn man es sich leisten kann (sic!), dass das einem/einer egal ist.
Gesund ist das leben und erleben von Solidarität. Wo lässt sich Solidarität am schnellsten, leichtesten und effizientesten herstellen? Bei gemeinsamem guten Essen und Trinken!
Eine Redensart meint, das sei der “Sex des Alters”. Mag sein, das stimmt gar nicht, aber man fühlt sich gut dabei.
In diesem Sinne: Prost und guten Appetit!
Und wers mag mit Nachtisch.
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