von Andreas Zumach
Bevölkerung verwirft Steuerreform.
Der Vorschlag der Regierung zielte auf Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen.
Die Schweizer Regierung und ihre Parlamentsmehrheit sind mit dem Vorschlag gescheitert, zumindest einige von der EU und der OECD seit Langem kritisierte Steuerprivilegien für ausländische Unternehmen abzuschaffen. Einen entsprechenden Gesetzesvorschlag lehnte eine 60-prozentige Mehrheit der Bevölkerung am Sonntag bei einer Volksabstimmung ab.
Der Grund: Die Regierung hatte die Abschaffung der international verpönten Vergünstigungen damit verknüpft, dass 26 Kantone zugleich neue, vermeintlich akzeptablere Möglichkeiten zur Steuerminderung erhalten sollten. Diese wiederum würden, so befürchteten Kritiker, insbesondere für Schweizer Städte zu Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe führen.
Den Vorschlag für die dritte Unternehmenssteuerreform (USTR III) seit 2004 hatten die Parteien der bürgerlichen Mitte und die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei (SVP) unterstützt. Zusammen verfügen sie über die Mehrheit im Parlament (Nationalrat), in der Vertretung der 26 Kantone (Ständerat) und in der Regierung (Bundesrat). Auch die Grünliberalen, eine wirtschaftliberale Abspaltung der Grünen Partei, standen hinter der Vorlage. Sozialdemokraten, Grüne und Gewerkschaften waren dagegen und hatten im Herbst 2016 mit einer Referendumsinitiative die Volksabstimmung erzwungen.
Ausgangspunkt für die Reform war gewesen, dass OECD und EU drohten, die Schweiz auf die Schwarze Liste der Steueroasen zu setzen, wenn sie die ermäßigte Besteuerung von ausländischen Erträgen für rund 24.000 in der Schweiz tätige Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften auf kantonaler Ebene nicht abschaffe. Weil die Unternehmen im Gegenzug mit Wegzug und dem Wegfall von 150.000 Arbeitsplätzen drohten, sollten den Kantonen aber neue steuerentlastende Praktiken ermöglicht werden. Dazu gehörte eine mögliche Steuerreduktion um maximal 90 Prozent für Unternehmensgewinne aus Patenten und vergleichbaren Rechten. Kosten für Forschung hätten zu bis zu 150 Prozent des Aufwands vom versteuerbaren Firmengewinn abgezogen werden können. Zudem sollten die Kantone künftig nur noch eine zinsbereinigte Gewinnsteuer erheben. Damit können Firmen auf einem Teil ihres Eigenkapitals einen fiktiven Zins von den Steuern abziehen.
Die volle Ausschöpfung all dieser Maßnahmen hätte die Unternehmensteuern in der Summe um bis zu 50 Prozent reduziert, hatten die Gegner der USTR III vorgerechnet. Damit hätten die Kommunen Einnahmeausfälle von bis zu 4 Milliarden Franken (etwa 3,6, Milliarden Euro) jährlich verkraften müssen. Kritiker befürchteten, dass in der Folge die Einkommensteuern erhöht und soziale und kulturelle Dienstleistungen abgebaut worden wären.
Wegen dieser „großen Unausgewogenheit“ hatte sich neben den Finanzdirektoren von Bern, Zürich, Genf, Biel und anderen Städten auch die frühere bürgerliche Finanzministerin Eveyln Widmer-Schlumpf gegen die Reform ausgesprochen. Unklar ist, ob nun internationale Sanktionen drohen.
Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.
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