Immer wieder donnerstags glüht mein digitaler Videorecorder. Es gibt mehr zu gucken, als ein normaler Mensch schaffen kann, und zwar ganz ohne Privatsender – ich empfange nur 13 öffentlich-rechtliche Sender mit DVB-T2. Hier also, was es nur heute Sehenswertes gibt:

Auf ARTE läuft derzeit die 6-teilige italienische Miniserie “Die Toten von Turin”. Wie bei uns ist ein Krimi das Vehikel, die Verkommenheit von Politik und Bürokratie zu illustrieren.

Gleichzeitig läuft beim NDR alle 14 Tage donnerstags Mare-TV, klassisches, handwerklich-liebevoll gearbeitetes Entschleunigungsfernsehen. Ein Teller Krustentiere und eine Flasche Wein dazu, und der Stress des Tages fällt ab und nimmt ein gutes Ende.

Auf “One” (ehem. “EinsFestival”) um 22.15 hat die ARD ein britisches Spitzenprodukt versteckt: “The Job Lot”. Wenn das alle sehen würden, wären Linkspartei und Gewerkschaften überflüssig, das Treten und Ausquetschen der Untersten und seine ganze Absurdität, trotzdem lustig, weil: Very british! Preiswürdig.

Gleichzeitig läuft, mit ähnlichen Botschaften, aber weniger lustig, Monitor, immer noch das schärfste aller Politmagazine, harte Journalismusarbeit, wenig geachtet und belohnt.
Manche meinen ja, Kabarett und Satire seien die neuen Politmagazine. Suchen Sie sich aus, was zu Ihnen passt. Man muss ja nicht alles sehen.

Ein Nischensender, ZDFneo, hat ein total angesagtes von Streamingdiensten teuer und erfolgreich verkauftes Programm, noch tiefer vergraben, vom späten Abend in die tiefe Nacht. Für Medienjournalist*inn*en und Streaming-Abonnenten ein alter Hut, für die 95% anderen: neu, brutal, dreckig, vulgär. Also unsendbar? Für Bildungsbürgerkinder definitiv nicht jugendfrei, aber wer die USA und den heutigen “American Way Of Life” verstehen will, kommt nicht daran vorbei: “Orange Is The New Black”.
Noch ein medienpädagogischer Rat für die Erwachsenen: Sie können unmittelbar davor auf 3sat den deutschen Klassiker “Zur Sache Schätzchen” (1967 “Summer of Love”, schwarz-weiss!) schauen. Wenn Sie dann beides gesehen haben, wissen Sie nicht nur, wie sich die Welt verändert hat, sondern auch wieder besser ….. wer Sie selbst sind.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net