von Andreas Zumach
Beim UNO-Menschenrechtsrat in Genf verhandeln rund 80 Staaten darüber, ob Konzerne mehr Verantworung tragen sollen. Es gibt Widerstand.
Wie nimmt man transnationale Konzerne in die Verantwortung, darauf zu achten dass auch ihre Zulieferer die Menschenrechte einhalten? Darüber beraten VertreterInnen von rund 80 Staaten seit Montag im Rahmen des UNO-Menschenrechtsrates in Genf. Die Gespräche sollen bis Freitag dauern. Ziel ist ein Abkommen, das für Multis rechtlich verbindliche Regeln und für Personen, die durch Firmen geschädigt werden, Klagemöglichkeiten schafft.
Die Arbeitsgruppe wurde 2014 vom Menschenrechtsrat eingesetzt – gegen die Stimmen fast aller Industriestaaten des Nordens. Die aktuelle Verhandlungsrunde ist die dritte. Erstmals liegt ein Dokument mit Eckpunkten für ein künftiges Abkommen vor. Vorgelegt hat es das Vorsitzland Ecuador im September.
Als Kernziele nennt Ecuador die Haftung von Konzernen für ihre komplette Zulieferkette, Rechtsschutz für Geschädigte auch in den Heimatländern der Unternehmen, den Vorrang der UN-Menschenrechtsverträge vor Handels- und Investitionsschutzabkommen sowie die Schaffung von Mechanismen zur Einhaltung des Abkommens.
Für ein verbindliches Abkommen wirbt die sogenannte Treaty Alliance, zu der sich weltweit rund 700 Nichtregierungsorganisationen und 1.000 Einzelpersonen zusammengeschlossen haben. In Deutschland gehören 15 Organisationen dazu, darunter ATTAC, Brot für die Welt, BUND, das Global Policy Forum und Misereor. Die Bundesregierung dagegen tut sich schwer. Seit 2014 hat sie zwar die anfängliche Ablehnung eines rechtsverbindlichen Abkommens aufgegeben. Doch aus dem Auswärtigen Amt hieß es Mitte letzter Woche, Deutschland werde an dieser dritten Beratungsrunde nicht teilnehmen, – obwohl es derzeit Mitglied im UNO-Menschenrechtsrat ist. Begründung: Der Vorschlag Ecuadors sei zu spät eingetroffen, man habe sich noch keine Meinung bilden können.
Tatsächlich waren dann bei der Auftaktsitzung am Montag doch drei Vertreterinnen des Auswärtigen Amts anwesend – wenn auch nach eigenen Angaben ohne Verhandlungsmandat. Aus der deutschen UNO-Mission in Genf hieß es dazu, Deutschland sei nur Beobachter und überlasse die Verhandlungen der EU. Allerdings gibt es in der EU bislang keine abgestimmte gemeinsame Position zu den Zielen eines künftigen Abkommens.
Deutsche und EU-Diplomaten kritisierten zum Auftakt, der Vorschlag Ecuadors beziehe sich nur auf transnationale Konzerne, nicht aber auf rein national tätige Unternehmen. Im Text findet sich für diese Lesart allerdings kein Beleg. Und sie ist auch nicht von Belang. Besteht doch die zu schließende Rechtslücke eben bei den grenzüberschreitenden Firmen. Bislang werden diese für Menschenrechtsverletzungen oder Umweltzerstörung zumeist weder in dem Land von der Justiz verfolgt, wo diese Verstöße stattfinden, noch an ihrem Stammsitz. Für Verstöße national tätiger Unternehmen dagegen ist die jeweilige nationale Justiz zuständig.
Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.
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