Ein letztes Mal im ZDF: die Champions-League. Es gibt ja nichts Störenderes im Fußballentertainment, als seine unberechenbaren Überreste an Sport. Man weiss nicht, wie es ausgeht, keine Planungssicherheit. Das scheue Reh Kapital hat seine Scheu dennoch abgelegt. Der Vergleich “Wer hat den Längsten?” findet bereits im Achtelfinale der letzten 16 statt, im vorgezogenen Oligarchen-Finale (Hinspiel): Real Madrid gegen Paris Saint Germain. Das ist neben dem Sport das zweitlästigste: dass immer noch ausgelost, statt wie in Kapitalkreisen üblich, ausgehandelt wird. Die Angestellten und Steuerbetrüger Cristiano Ronaldo und Neymar haben also noch einen Rest an Einfluss darauf, wer ausscheidet und wer eine Runde weiterkommt.

Das Schöne für unsereinen: wer auch immer von beiden verliert, es ist verdient. Real Madrid wird vom Boss des Baukonzerns ACS Fiorentino Perez geführt. Zu ACS gehört die Hochtief, Erbauerin u.a. der Elbphilharmonie. Zu ihm floss also das ganze schöne Hamburger Geld. Herr Perez wäre sicher noch glücklicher als über einen Sieg heute, wenn Olaf Bundesfinanzminister würde. So schöne Geschäfte. Zumal in Spanien immer noch das Risiko besteht, dass seine Freunde in der spanischen Noch-Regierungspartei PP (Schwester der CDU) irgendwann eine Freiheitsstrafe wg. Korruption antreten müssen. Wenn zu diesem Ärger noch eine Niederlage gegen PSG dazukäme, würde Senor Perez seine Wut zunächst an Kopfstoss-Weltmeister Zinedine Zidane ausleben und ihn zur Strafe mit einer millionenschweren Abfindung zuscheissen.

Die katarischen Besitzer von PSG, wieviel Geduld hätten die, wenns gegen Real wieder nicht klappt – nachdem sie letztes Jahr von ihren Barca-Freunden mit 6:1 rausgekickt wurden? Wahrscheinlich etwas mehr als Perez. Gut: Trainer kommen und gehen auch bei PSG. Aber der Fußballverein ist in erster Linie die politökonomische Netzwerkdrehscheibe Katars in Europa. Hier kann man Präsidenten kaufen, deren Söhnen Arbeitsplätze geben, hier stehen WMs im Regal, Fifa, Uefa und IOC sind um die Ecke. Also werden im Falle des Ausscheidens ein paar Leute gefeuert (s.o. Zidane) – aber das Spielzeug wird nicht fallengelassen. Obwohl: Macron sich dafür in den Staub werfen lassen – dabei zuzuschauen wäre es schon wert, oder?

Anstoss heute 20.45 h (ZDF).

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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