Der Hype um Emanuel Macron ist der Erfolg der Despoten in den USA, Russland, der Türkei und in Polen. Wir sollten allerdings darauf achten, Macron nicht zu überhöhen. Er steht unter einem enormen Erfolgsdruck, weil er wahrscheinlich der letzte Protagonist eines liberalen Frankreich ist. Dieser Druck kommt primär innenpolitisch zustande. Die französischen Gewerkschaften laufen Sturm gegen Macrons Pläne, die Staatsbahn SNCF umzukrempeln. Denn seine Pläne stellen Frankreich regelrecht auf den Kopf. Schließlich engagiert sich der französische Staat traditionell sehr stark bei systemrelevanten Unternehmen. Auch seine Arbeitsmarktreformen provozieren, zumal sie zum Teil die deutschen Hartz-Gesetze zum Vorbild haben.

Emanuel Macron ist zweifellos ein glühender Europäer. Das ist sein größter und wichtigster Pluspunkt. Und er ist natürlich auch der Kontrapunkt zu Donald Trump, dem man körperlich anmerkt, dass er in Macron einen Gegner auf Augenhöhe hat, auch wenn das kürzliche persönliche Aufeinandertreffen testosterongesteuert war. Macrons europäische Stellung ist so stark, weil Deutschland, Großbritannien und Italien entweder eine farblose Große Koalition haben, die EU verlassen werden oder offenbar unregierbar sind.

Trotzdem muss Macron aufpassen, dass er politisch nicht überzieht. Denn sein erfolgreicher Einzug in den Élysée war mit der Marginalisierung der Parteienlandschaft verbunden und quasi der letzte Kraftakt zur Verhinderung der Machtübernahme durch Marine le Pen. Und das ist die wichtigste Aufgabe seiner Regentschaft. Denn Frankreich muss als europäische Kernnation liberal, weltoffen und sozial bleiben.

Über Rainer Bohnet: