Nachdem sich die Bonner Verlegerfamilie Neusser durch Verkauf an die Rheinische Post Cash gemacht und in die Büsche geschlagen hat, tut nun auch die Erbengemeinschaft DuMont in Köln einen grossen Schritt in diese Richtung. Das Nachsehen haben wie immer die Beschäftigten.
DuMont stellt zunächst die Hauptstadtberichterstattung für alle seine Blätter ein, und kauft die demnächst beim Haus Madsack in Hannover. Ex-DuMont-Chefredakteur Uwe Vorkötter beschreibt hier im Branchendienst Horizont diesen Vorgang. Medien sind den Lokalpatrioten ja meistens egal, aber trotzdem Köln, tiefer sinken geht kaum: Köln lässt sich aus Hannover (!!!) über die Bundespolitik informieren. Solche Blamagen kenne ich sonst nur aus der Publizistik des Ruhrgebietes.
Ich versuchte micht zu erinnern, wer früher für die Bundes-Berichterstattung des Kölner Stadt-Anzeigers, des DuMont-Flaggschiffes stand. Der erste Name, der mir kam, war die legendäre Ada Brandes. Hier hat sie 2013 noch geschrieben, inhaltlich als wäre sie absolut auf der Ballhöhe der heutigen #metoo-Debatte. Das wirft DuMont jetzt weg, Müll der alten Mediengeschichte. Eine Ada Brandes wird nicht wiederkommen.
Schade eigentlich, aber so ist der Lauf der Medienwelt.

Michael Angele bin ich mal auf den Redaktionsfluren des Freitag in Berlin begegnet. Er hat ein Buch über den verstorbenen FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher veröffentlicht. Andrian Kreye, SZ-Feuilleton-Chef brachte dazu einen derart schäumenden Verriss, der mehr über den Verreisser als über das Buch offenlegt, dass er mich erst richtig darauf neugierig gemacht hat. Gelesen habe ich es noch nicht. Blogger-Kollege Gregor Keuschnig hat sich aber die Mühe gemacht, und ist erheblich fairer damit umgegangen. Obwohl es noch nicht lange her ist, sind es doch schon Geschichten aus einer fernen, untergegangenen Medienwelt, nicht nur weil das FAZ-Feuilleton seitdem kaum noch politisch interveniert und entschieden langweiliger und gestriger geworden ist.

Der neue Trend ist, dass die Medien der Herrschenden sich jetzt verstärkt in Paywalls einmauern. Unverstellter als von den alten Verlagspatriarchen wird betriebswirtschaftlich durchrationalisiert und Effizienz trainiert. Wofür soll es gut sein, dass jede*r nachlesen kann, was beim Grosskapital los ist? Denkt sich z.B. das Handelsblatt und verrammelt seinen Internetauftritt fast ganz. Die WAZ im Ruhrgebiet macht es in ihrem Kulturteil und manchen Lokalseiten. Dass sie sich damit publizistisch selbst enteiern – ist ihnen egal. Kaufen und bezahlen werden, wenn überhaupt, nur die Alten und die Reichen. Die Jungen informieren sich, wie sie sich eben heute informieren – gar nicht, oder in asozialen Netzwerken. Von dieser Qualität ist dann auch die herrschende Politik und der aktuelle öffentliche Diskurs.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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