Es läuft nicht gut für deutsche Medien. Irgendwann kommt immer alles raus, und endet oft mit einem “Siehste, die Lügenpresse”. Das kapitalistische Prinzip, nach dem unsere Medien organisiert sind, schätzt den Wert der Arbeit gering: je weniger davon, umso besser, vor allem billiger. Leider werden auch “unsere”, die öffentlich-rechtlichen Medien nach diesem Grundsatz organisiert, weil nur das sie angeblich “konkurrenzfähig” hält. In erster Linie wollen sie Burgfrieden mit den Verlegermilliardär*inn*en. Die sind wichtiger als wir. Dann, so glauben die Intendatn*inn*en und Programmdirektionen, werden sie auch von “der Poltitik”, in erster Linie den (rundfunk-)gesetzgebenden Bundesländern, in Ruhe gelassen. WDR-Chef Buhow macht den Verleger*inne*n medienrechtlich fragwürdige Joint-venture-Angebote; im DLF-Programmheft Juni (Printausgabe) schreibt Springer-Chef Döpfner gleich selbst den Leitartikel. So wird dann auch das “Produkt” das aus diesen Prozessen der Herrschaftssicherung entsteht: unsere Information und Meinungsbildung.

Flensburg

Pressemitteilungen (oder gar nur Twitter-Nachrichten) der Polizei sind z.B. eine seriöse Nachrichtengrundlage, die nicht mehr eigenständig recherchiert wird. Die Polizei glaubt sogar selbst, sich darauf verlassen zu können, und arbeitet entsprechend selbstgewiss. Am Ende kommt dann aber doch raus, dass es anders war, z.B. in Flensburg (hier die taz, hier die FAZ).

Italien

Italien ist in die Hände des Populismus von Rechts und Links gefallen, und will jetzt auf “unsere” Kosten dolce vita regieren lassen. Wenn das alle meinen, macht es viel zu viel journalistische Arbeit, was Anderes meinen zu wollen. Ein Ex-Mitarbeiter von Beppe Grillo, Marco Morosini, meint z.B., Italien sei in die Hände der Rechten gefallen. Vergleichbar Ungarn, Österreich, und bisher noch nicht Frankreich.

Bremen

Im Rot-Grünen Bremen wurden von der BAMF-Leitung angeblich positive Asylbescheide an eine “Industrie” von Rechtsanwält*inn*en verkauft. Diese AfD-Lesart verkaufen die CSU und die Springerpresse gemeinsam. Öffentlich Beschäftigte werden diffamiert, diszipliniert, arbeitsrechtlich zum Abschuss freigegeben, ohne ihnen rechtliches Gehör und Chance zu öffentlicher Verteidigung zu geben. Im Kern geht es jedoch darum, dass Ex-BAMF-Leiter Weise im Auftrag des CDU-geführten Bundesinnenministeriums die BAMF-Arbeitsprozesse nach dem Vorbild seiner “BUndesagentur für Arbeit” organisieren wollte: planwirtschaftlich, mit der Priorität auf Erreichung quantitativ vorbestimmter Quoten. Die Menschen davor und dahinter, Flüchtlinge und BAMF-Sachbearbeiter*innen, oftmals unterqualifiziert und prekär beschäftigt, interessierten dabei nicht (s.o. Medien und Wert der Arbeit). Das ganze Ausmass, so kalkuliert es Horsti Seehofer, und könnte böse dabei ins Stolpern geraten, soll erst nach der bayrischen Landtagswahl rauskommen. Dann werden viele fragen, wie es passieren konnte, dass wir zuerst auf so einem falschen Dampfer landeten.

Ukraine / Russland

Die Agentenschrulle der Ukraine hat Bettina Gaus hier schon zurecht beschimpft. Jetzt kommt langsam heraus, dass die ukrainische (Geheimdienst-)Bürokratie auch nicht besser funktioniert als die deutsche. Keine*r ist veranwortlich, schuld sind immer die Andern. Belügen der Medien und der Öffentlichkeit ist Notwehr. Politiker*innen, die dem Einhalt gebieten müssten, schlagen sich in die Büsche und achten vordringlich darauf, selbst nicht in Schusslinien zu geraten, was wir in der Ukraine weiterhin nicht als Metapher sondern wörtlich verstehen müssen.
Deutsche Talkshows werden jetzt mit WM-Boykottmüll zugeschissen. Ob deutsche Politiker*innen auf Ehrentribünen sitzen sollen, wen interessiert das? Fußballfans im Stadion pfeifen solche Leute aus. Putin hätte sicher nichts dagegen von ihnen hofiert zu werden; aber wenn sie fehlen, fehlt ihm auch nichts. Er füllt die Fifa-Leute mit Wodka ab und erfährt von denen alles, was er wissen muss. Da wäre ein authentisches Gespräch mit der Bundeskanzlerin schon besser, z.B darüber, ob wir in Deutschland wieder als Ziel russischer Raketen “bevorzugt” werden wollen, wie es von Moskau aus gesehen den Eindruck machen muss.
Es gäbe also auch Wichtiges zu diskutieren.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net