Neuere Reiseeindrücke

Grundsätzliches

Ja beim Zugfahren kann man was erleben. Weiß jemand aus der verehrten Leserschaft, woher das oft als Grund für Verspätungen ins Feld geführte “hohe Verkehrsaufkommen” kommt? Ich stelle mir das so vor, dass über Nacht plötzlich Züge aus den Gleisen wachsen und dann einfach da sind. Oder die Klingonen fahren Bahn. also die landen auf den Gleisen, und deshalb sind da auf einmal zu viele Züge – daher “hohes Verkehrsaufkommen”.
Mich interessiert auch, wer für die Bahn textet – also ich meine: sich die Erklärungen für Verspätungen ausdenkt? Manche Begründungen sind so hochgradig bescheuert, da muss doch jemand viel saufen und ergo auch ganz viel Geld bekommen, damit er soviel saufen kann, um den Punkt der Bewusstlosigkeit zu erreichen, an dem man solchen Müll reden kann.

Wenn ein Zug aus vorheriger Fahrt Verspätungen angesammelt hat und deshalb zu spät kommt, dann kommt er doch ein bisschen später weil er Verspätung hat?
Ich verstehe, dass es sich um einen verspäteten Zug handelt, der also gewissermaßen nicht so ganz pünktlich ist.
Aber das so nebenbei, weil es mich schon lange beschäftigt. Therapeutisches Schreiben für Vielfahrer.

Geldwechseln in Spandau

Eigentlich möchte ich von meinen Erlebnissen in Berlin berichten, genauer über die aus Spandau.
Das ist auch irgendwie Berlin, aber anders, noch sturer, noch unfreundlicher – Ja das geht!
Und zwar, was passiert, wenn man im Bahnhof Spandau einen an sich echten 50 Euroschein wechseln möchte, weil noch zwei Euro fehlen, um ein Schließfach für sein Gepäck zu mieten.
Das ist nämlich gar nicht so einfach. Zwar wird in Spandau auch mit Euro bezahlt, woran ich irgendwann im Laufe meines etwa halbstündigen Selbstversuchs immer mehr zweifelte.
Irgendwann dachte ich, die müssen etwas eigenes haben, vielleicht zahlen die mit dem “Spandauer.”
Jedenfalls versuchte ich meinen 50er zu wechseln. Ging nicht, keiner der Läden mochte das tun, selbst nicht, als ich aus lauter Verzweiflung im Gegenzug eine Kleinigkeit kaufen wollte. Nachmittags um 17:00 Uhr ist kein Wechselgeld mehr da. Weil ich meinen Koffer in einem DB-Schließbach lagern wollte, ging ich ins Reisezentrum. Mich erwartete ein Bild des Stillstands, der Agonie. Raumfüllend.
An zwei der zwei der personell tatsächlich besetzten Schaltern standen jeweils mehrere Personen am Schalter, die mit den Diensthabenden ganz schwierige Dinge klären wollten. Vielleicht die Vorbereitung neuer Atomverhandlungen zwischen der komischen US-Regierung und dem Iran, oder irgendwas mit der Anrechnung von Ausbildungszeiten auf die Rente.
Oder die befassten sich mit der doch noch Vollendung dieses Berliner Flughafens.. Es dauerte jedenfalls, lange. sehr lange…
Mit Fahrauskunft oder gar Fahrkartenverkauf hatte das – so von hinten betrachtet – nichts zu tun.
Da ging es um wirklich große Fragen…
Vielleicht waren es auch Erbschaftsangelegenheiten zwischen Kirgisien und Australien… jedenfalls es dauerte sehr, sehr lange. Irgendwann verabschiedeten sich die Menschen an einem der Schalter und die bisher dort Diensthabende verließ – wahrscheinlich erschöpft – den Schalter und ging nach hinten. Also weg.
Aus diesem nicht näher einsehbaren “Hinten” kam aber gleich jemand anderes, sah die Sachlange – und ging auch wieder nach hinten. Was immer dort war.
Der nun vereinsamte Schalter bleibt auch so. Am anderen Schalter wurden wahrscheinlich inzwischen die Atomverhandlungen mit Nordkorea vorbereitet. Jedenfalls dauerte es weiter.

S Bahner dürfen kein Geld wechseln

Ich entschloß mich, aus meiner Warteposition in Richtung der DB-Schalter mich innerhalb der Schlange ganz neu zu orientieren. Nämlich nach halb links – dort wo zwei S-Bahner ihren Dienst taten oder jedenfalls tun sollten. Auch dort dauerte es. Ein S-Bahner, zeitweise auch zwei oder gar drei versuchten einer älteren Frau eine neue Monats- oder Jahres- oder vielleicht auch Jahrhundertkarte neu auszustellen. Das ist offenbar schwierig. Jedenfalls auch dort eine offenbar ebenso festgefahrene wie hoffnungslose Situation. Der Diensthabende vom zweiten Schalter kam seiner Kollegin zur Hilfe. Das Ergebnis – auch dort Stillstand für Minuten, viele Minuten.
Schließlich wurden die Verhandlungen abgebrochen, die zuvor dort tätige Bedienstete tat, was die DB-Kollegen vor ihr gemacht hatten. Auch sie verließ, wahrscheinlich aus Erschöpfung, die Schalterhalle auch in Richtung dieses “Hinten”.
Nun war noch einer dort. Diesem Menschen schilderte ich mein Anliegen. Seine Antwort – dafür sei er eigentlich nicht zuständig, es handele sich ja um eine DB-Anlage, dafür seien die Kollegen von der Bahn zuständig. Meinen Einwand, dass es sich doch bei der S-Bahn lediglich um eine Tochter des gleichen DB-Konzerns handele, ließ er nicht gelten. Auf meine Bitte hin schaute er trotzdem in seine Geldschublade – in der sich geschätzt gut Einhundert 10-Euroscheine und sicher über fünfzig 20-Euro-Scheine befanden. Er wiederholte den Hinweis, dass er dafür eigentlich nicht zuständig sei, und so einfach Geld wechseln er eigentlich gar nicht dürfe. Dennoch er gab sich einen Ruck und mir für meinen 50er schließlich zwei 20er und einen 10er. Auf meinen möglichst freundlich formulierten Hinweis, dass ich aber für die Automaten Kleingeld benötige, wurde er patzig: Das sei der Dank. er habe mir gewechselt, obwohl dafür nicht zuständig und mir sozusagen die Hand gereicht. Mein Dank – ich greife nun nach seinem ganzen Arm. Dies wies ich zurück, verbunden mit der Bemerkung, dass ich keineswegs seinen Arm wolle, sondern lediglich Münzen für das Schließfach, ließ er nicht gelten. Nein, Münzen würde er nicht rausgeben. Ich schimpfe über die Servicewüste Berlin und er reagierte mit der Bemerkung eigentlich müsse er jetzt das Wechseln des 50ers rückgängig machen. Er bedaure mir den Schein gewechselt zu haben. Und wenn mir das nicht passe, könne ich mich ja beschweren…
Ich ging mit meinem 10ner nun in eine Buchhandlung, kaufte aus lauter Verzweiflung einen neuen Stadtplan von Berlin – (im alten gab es noch die Mauer samt Grenzübergängen) und erhielt eine 2-Euro-Münze als Rückgeld. Jetzt hatte ich 6 Euro zusammen und konnte meinen Koffer einschließen und solchermaßen erleichtert ins richtige Berlin fahren. Ohne Gepäck, meinen neuen Stadtplan ließ ich leider im Koffer, und somit im Schließfach. Ich kam auch so zurecht. Aber im Bahnhof Spandau werde ich nie wieder versuchen Geld zu wechseln… Ich kann auch nur dringend davon abraten das dortige Reisezentrum zu betreten, ohne über das dort notwendige Zeitkontingent zu verfügen und vorsorglich die nächsten Verwandten informiert zu haben. Denn was da im “Hinten” lauert, weiß ich nicht und wer garantiert, dass dort nicht dutzende aufmüpfige Rheinländer verscharrt sind…