Seit Wochen hat sich diese Bundesregierung damit beschäftigt, Scheinprobleme hochzuspielen, die Vorbehalte gegen Flüchtlinge zu mehren. Dabei sind Söder und Seehofer nicht zimperlich gewesen, mit übelsten Argumenten die Festung Europa abzudichten. Das ganze Theater erweist sich nun angesichts der lächerlichen Flüchtlingszahlen einerseits und der jetzt zutage tretenden Probleme mit Österreich und Italien als rassistischer Bullshit. Die wirklichen Probleme, die sich in der Wirtschaft anbahnen, die Tatsache, dass Donald Trump seinen Wirtschaftskrieg führt und China sich anschickt, strategisch Schlüsselindustrien in Deutschland aufzukaufen, werden von dieser Regierung verpennt.
Gestern hat ThyssenKrupp-Chef Hiesinger seinen Rücktritt als Vorstandschef erklärt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er über die Unternehmenspolitik mit dem Aufsichtsrat im Streit lag. Als 1996/97 in Nordrhein-Westfalen die Stahlkrise auf ihrem Höhepunkt war, habe ich mit Johannes Rau, Heinz Scheusser und Klaus Matthiesen, Bärbel Höhn und Michael Vesper in der “Grünen Hölle” – einem Sitzungssaal der NRW-Staatskanzlei – gesessen und beraten, was die Politik retten könne. Auch damals machte den Stahlkochern der Weltmarkt zu schaffen – zwischenzeitlich änderte sich das wieder. Diese Schlüsselindustrie, auf deren Qualitätsprodukte die deutsche Industrie angewiesen ist, in NRW zu halten, wurde als strategisch richtig erkannt – nicht nur wegen der Arbeitsplätze, sondern auch wegen der Schlüsselrolle der Branche. Das ist bis heute so, denn trotz Trumps Zöllen können Teile der US-Industrie Stähle und Aluminium in der Hochwertigkeit, die sie benötigen, gar nicht in USA herstellen. Die Fusion von Thyssen und Krupp war die Folge – trotz Sozialplänen eine hochbrisante Operation.
Gewerkschaften schwächen – weg mit der Mitbestimmung
Ein ganzes Stahlwerk wurde in Dortmund demontiert und nach China verfrachtet und produziert dort heute den Billigstahl, der den Weltmarkt überschwemmt. Nun hat Thyssenkrupp auf Druck des Aufsichtsrats und seiner wichtigsten Investoren – überwiegend internationale Heuschrecken – mit Tata Steel aus Indien fusioniert. Der neue Firmensitz soll steuersparend in den Niederlanden liegen. Dadurch wird die paritätische Mitbestimmung die in der deutschen Montanindustrie gilt, beendet, die Gewerkschaften weiter geschwächt. Die Gewerkschaften selbst hatten in Tarifverhandlungen zwar eine Standortgarantie bis 2026 bei Abbau von 4.000 Stellen ausgehandelt – aber was ist das schon, wenn die Schließung einer Schlüsselindustrie und vor allem die Abschöpfung von Know-how droht? Von Ministerpräsident Laschet hört man in dieser Sache kein einziges Wort. Arbeitsminister Laumann hat den Tarifabschluß seinerzeit gelobt. Von strategischem Denken keine Spur. Die Strategie bestimmen Hedgefonds wie Elliott oder Cevian Capital und es ist so klar wie Kloßbrühe, dass im Tata-Konzern, wo indische Billiglöhne, keine Gewerkschaften, üble Arbeitszeiten und schlechte Umweltauflagen gelten, die Tage der Europäischen Werke gezählt sind. Das Know-how aus dem Ruhrgebiet werden sie mitnehmen.
SPD, NRW-SPD, CDU, CSU – alle stellen sich tot
DAS wäre einmal ein Thema gewesen, mit dem sich die GroKo hätte beschäftigen und HANDELN können. In früheren Zeiten hätte die NRW-SPD die Bundesregierung ob ihrer Untätigkeit scharf angegriffen – stattdessen tutete Norbert Römer im Frühjahr ins gleiche Horn wie Laumann. Wenn die SPD schon selber nicht mehr erkennt, wo die “hart arbeitenden Menschen” (Martin Schulz) ihren Einsatz erwarten, wundern 18% gar nicht mehr. Aber auch CDU und CSU müssen sich fragen lassen, ob sie überhaupt noch irgendeine Strategie haben, außer Fremdenfeindlichkeit und Mauerbau. Die Bundesregierung sieht tatenlos zu, wie sich China den führenden Robotikhersteller Kuka kauft, bei Daimler sind chinesische Investoren massiv eingestiegen und landauf, landab sind chinesische Einkäufer dabei, nach innovativen kleinen und mittleren Unternehmen Ausschau zu halten.
Denen wurde es, das darf nicht vergessen werden, durch die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen durch Rot-Grün besonders leicht gemacht, erfolgreiche Firmen den Heuschrecken feil zu bieten. Der anschließende Fall solcher Firmen wie eines namhaften Herstellers von Armaturen oder die Ausbeutungsverhältnisse gegenüber Pächtern und Betreibern durch den Tank&Rast Konzern ist nicht vergessen. Und alle IHKs und Handwerkskammern jammern, dass tausende Firmenchefs keine Nachfolger*in finden – aufgrund von Demografie und weil vielen der Bachelor- und Masterabsolventen die “Work-Life-Balance” scheinbar wichtiger ist, als Risiko und Verantwortung als Unternehmer*in.
Wenn deutsche Politiker*innen Urlaub machen … merkts keiner mehr
Die ganze Entwicklung muss beunruhigen: Europa befindet sich im Wirtschaftskrieg gegen Donald Trump, der durch Zölle und Boykottdrohungen den Welthandel gegen die Wand fahren will. Mit China drängt ein ökonomischer Riese auf den Weltmarkt, dem Demokratie, Grund- und Freiheitsrechte am Allerwertesten vorbei gehen. Eine NRW-Schlüsselbranche geht in einem indischen Mischkonzern unter. Derweil spielt Seehofer mit Merkel “Schwarzer Peter” und in Berlin sitzt ein bräsiger, selbstzufriedener Bundesfinanzminister Scholz, gibt den Schäuble und Andrea Nahles stimmt der Abschottung des Mittelmeers zu. Sie haben kein Konzept und sie können offensichtlich auch nicht über den Tag hinaus strategisch denken, geschweige denn gestalten. Wenn sie jetzt in Urlaub sind, wirds niemand merken.
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