Zum Schulbeginn in NRW wird deutlich, welche substanziellen Defizite unser Staat hat. Es ist eine Melange aus Personal- und Fachkräftemangel, aus schlechter Bezahlung, fehlender Organisation, Missmanagement und politischer Ignoranz.
Der Reihe nach: Ein Kind wird geboren und hat unbewusst größte Schwierigkeiten, das Licht der Welt zu erblicken. Denn es fehlen Hebammen. Hoppla, war da was? Ja, Hebammen gehören zu den Mangelberufen. Kaum eine Interessentin für diesen verantwortungsvollen Beruf kann sich eine exorbitant teure Haftpflichtversicherung leisten. Zumal Hebammen freiberuflich tätig sind.
Seine Eltern haben größte Schwierigkeiten, einen ortsnahen Kita-Platz zu ergattern. Obwohl es für Kinder unter drei Jahren darauf sogar einen gesetzlichen Anspruch gibt. Kindergärtnerinnen sind ebenfalls schlecht bezahlt, haben Nachwuchsprobleme und die Kitas sind bautechnisch oftmals abbruchreif.
Der nächste Lebensabschnitt ist die Einschulung. Dort treffen Kinder und Eltern auf Lehrkräfte, die oftmals befristet beschäftigt sind, nur mittelprächtig bezahlt werden, zum Teil demotiviert sind und den Ansprüchen auf Integration und Inklusion nicht gerecht werden können. Schulgebäude sind ähnlich wie Kitas gleichfalls baufällig und abbruchreif. Seit Jahren geplante Neubauten werden nie oder mit großer Verspätung realisiert. Mit dem Ergebnis, dass Schule und Bildung keinen Spaß mehr machen.
Wenn sich dieses plakative und zugegebenermaßen zugespitzte Szenarium auch noch in einem ärmeren Stadtteil abspielt, kann man sich leicht ausrechnen, welche Richtung das weitere Leben mit hoher Wahrscheinlichkeit einnehmen wird. Auf direktem Weg von der Kinderarmut, über die Familienarmut, über prekäre Beschäftigung oder Arbeitslosigkeit bis hin zur Altersarmut. Denn unsere Sozialgesetze und -systeme sind ähnlich baufällig und marode wie die Gebäude für die Bildung und die Grundlagen für ein gedeihliches Dasein.
Sie meinen, das sei starker Tobak? Die über 20 Prozent armen Kinder Bonns, könnten Ihnen das sicher anschaulich erklären. Und am Runden Tisch gegen Kinder- und Familienarmut (RTKA) kämpfen engagierte Menschen dafür, die Lage wenigstens punktuell zu verbessern. Das reicht aber nicht, denn wir steuern unweigerlich auf einen GAU zu, der unsere Gesellschaft auf eine harte Probe stellt.
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