Vielleicht will der DFB die EM gar nicht
Kleine Aufgabe für Ihre Fantasie, keine Angst, wird Sie nicht überfordern. Sie auf der Arbeit, gehören zu den ungewöhnlich talentierten, schaffen vieles von leichter Hand, für das andere schwer schuften müssen. Doch niemand schätzt sie. Sie sind jung und brauchen das Geld nicht, kündigen also. Sie sagen so ungefähr (jetzt folgt eine Geradeaus-Ruhrgebietsversion): “Ich hab’ die Schnauze voll, leckt mich doch alle am Arsch!” In Medieninterviews sagt Ihr Chef anschliessend, dass das letzte Grossprojekt schiefgegangen ist, unter dem das ganze Unternehmen jetzt schwer zu leiden habe, das habe an Ihnen gelegen. Er habe vorher nicht streng (“offen”) genug mit Ihnen darüber geredet, was “die Werte” seines Unternehmens seien. Alle ihre Arbeitskollegen halten öffentlich die Schnauze. Ungefähr 8 Wochen später kommt der Chef angeschissen, mit einem Flugzeug voll Journalist*inn*en, insbesondere den Revolverblättern des Springer-Verlages im Gefolge, und spielt denen vor, noch mal mit Ihnen über alles reden zu wollen. Machen Sie ihm die Tür auf? Also ich nicht.
So ungefähr stellt sich die Sache für Mesut Özil dar. Und heute entscheidet die Uefa, ob der DFB oder die Türkei die übernächste Fußball-EM 2024 ausrichtet. Gerade noch rechtzeitig, um das Peinlichkeitsmass nicht unnötig verdunsten oder Unkraut darüber wachsen zu lassen, sollen sich die Herren Löw und Bierhoff in der Nähe des Trainingsgeländes des FC Arsenal rumgetrieben haben und seien nicht eingelassen worden. So zumindest die Legende, die die grindel- und AfD-nahen deutschen Medien verbreiten. Oder ist es ein absichtsvoll knallchargenhaftes Manöver, um die deutsche EM-Bewerbung auf der Zielgeraden noch wirksam zu desavouieren?
Auch diese SZ-Geschichte von Johannes Aumüller und Thomeas Kistner über DFB-Boss Grindel ist selbstverständlich berechtigt-kritisch, aber auch aus den eigenen DFB-Reihen durchgestochen. Es geht zu, wie in der CDU/CSU. Aus meiner Sicht wäre es immer noch die beste Lösung, mal eine EM ausfallen zu lassen. Es wäre das Erholsamste für alle.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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