Despot*inn*en haben keine Lösungen für (gesellschafts-)politische Probleme. Sie wollen “nur” ihre Herrschaft sichern. Wenn die schwach ist, bietet sich immer die “Lösung” eines vereinenden Feindes (“der Besitz eines Feindes”, Alexander Kluge) an – mal innere Feinde, noch kräftiger wirken äussere Feinde. Wenn Despot*inn*en gegeneinander in einen solche Krieg ziehen, sind wir zunächst versucht, zu denken, das träfe schon “keinen Falschen”. Aber die trifft es ja gar nicht, das wissen wir spätestens seit 1914/18, sondern viele arme Schweine ….

Clans Erdogan und Saud im Mafiakrieg?

Die Räuberpistole zwischen den Clans Erdogan (Türkei) und Saud (Saudi-Arabien) wirkt aus – in Wahrheit nur sehr geringfügiger – mitteleuropäischer Distanz operettenhaft, und könnte sich doch ungefähr so zugetragen haben, wie der in der Region sehr kundige Martin Gehlen/FR insinuiert. Ergänzend dazu diese informative Einschätzung von Thomas Pany/telepolis. Das Problem ist: in beiden Systemen haben die Herrscher alle “checks and balances” des Systems abgeschaltet. Ihnen kann keiner was. Glauben sie … Und “wir”, also unsere Herrschaft, will mit beiden befreundet sein. Das wird wohl nicht mehr gelingen.

Russland und Westeuropa – Gas ja, Entspannung nein?

Russland und Westeuropa fahren ebenfalls ungehemmt aufeinander zu. Hierzulande gibt es stabile demoskopische Mehrheiten, die das ausdrücklich nicht wünschen. Das hindert unsere Regierung und unser Aussenministerium aber praktisch kaum. Einerseits scheint es eine Mehrheit für die von Gerhard Schröder protegierte Gasleitung Northstream 2 zu geben. Sie wird eher für die Diversifikation von Risiken als für eine einseitige Abhängigkeit sorgen, und gerät allenfalls in Risiken, wenn die Grünen Eintritt in eine Regierungskoalition finden. Knebeln will uns nicht Russland; es ist zwar nur geringfügig demokratisch regiert, und das schlecht; und hat gerade deswegen zuwenig Kraft, um westliche Grossmächte ernsthaft zum Dienern zu erpressen. Knebeln und Fesseln für den Grossen Wirtschaftskrieg um die Weltmacht (dieser Link verschwindet in einigen Tagen in einem Paywall-Archiv) wollen uns die niedergehenden USA. Bei China wird sich das deutsche Grosskapital da noch mehr gegen auflehnen, als es das schon bei Russland tut.

Bedrohung Afrikas

Gleichzeitig wird es an allen Ecken und Enden explosiver. Möglicherweise wird es wieder Afrika als Standort heisser Stellvertreterkriege erwischen (schade, dass der Autor hinter diesem Link immer noch auf die Begrifflichkeit “schwarzer Kontinent” nicht verzichten kann). Dort sind die nationalen Despotien am fragilsten, ebenso alle ökonomischen und ökologischen Probleme. Die “besten” Lösungen dafür bietet China an. Militärische Macht üben Andere aus.
Beispiel Algerien: immerhin als Staat und Handelspartner noch real existent, aber systemisch mafiös-kriminell zerfressen und von den Untertanen immer weniger geachtet und respektiert, allenfalls gefürchtet.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
Sie können dem Autor auch via Fediverse folgen unter: @martin.boettger@extradienst.net