Lucien Favre ist vom gleichen Jahrgang wie ich, nur 5 Jahre jünger als der Herr Hoeness. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass Generationen dazwischen liegen müssen. Hoeness inszeniert sich immer hemmungsloser als Figur des Gestern, ganz ähnlich seinem Landsmann Seehofer.
Lucien Favre dagegen hat schon in seiner Zeit in Mönchengladbach (2011-2015) einen Fußball von Morgen entwickelt, machte dort die heutigen BVBler Marco Reus und Mahmoud Dahoud zu international gefragten Stars, hat in Nizza den weltweit für untrainierbar gehaltenen Mario Balotelli zu einem leistungsstarken Mannschaftsspieler erzogen. Jetzt beim BVB hat der die alte Klopp-Nomenklatura, sofern sie nicht weggekauft worden ist, ausmanövriert und seinen einstigen Jugendschützling Reus vom “ewigen” und ständig verletzten Mitläufer-Talent in die Rolle des Bosses auf dem Spielfeld befördert. Favre weiss offensichtlich, wie er den zeitweise charakterlich irrlichternden Kerl packen muss.
Und wie sehr Favre ein Mann des Hier und Jetzt, heute und morgen, ist, bewies er mit seinem klaren Kommentar zu den Montagsspielen und den Fanprotesten. Wie Up To Date das ist, bewies an diesem Wochenende die kriminelle Vereinigung Uefa, indem sie mit der Stimme des DFB-Präsidenten einen weiteren Wettbewerb (“Europa League 2”) mit einem zusätzlichen Spieltagstermin erfand. Hier zeigt sich der Kampf der Fußballmafias um Marktanteile und ein zusätzlicher Stress für Mannschaften und Spieler – auf dass die Monopol-Clubs im nationalen Wettbewerb auf weniger ausgeruhte Gegner treffen.
In dieser Saison, deren interessanter Teil mglw. seit gestern vorbei ist, hat Favre den BVB zu so einem Monopolclub gemacht. Der Konkurrenzkonzern aus dem süddeutschen Raum demontiert sich selbst, und hat sich durch kontinuierlich starke Leistungen in Dortmund demoralisieren lassen – das muss mangels sportlicher Spannung für die nötige Unterhaltung sorgen. Der BVB gewinnt derzeit selbst dann, wenn er nicht zu glänzen vermag. Das bedeutet in der Regel nur eins.
Wenn es jemand verdient hat, dann dieser sperrige kluge Kerl aus der französischen Schweiz.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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