Jürgen Klopp, das Mentalitätsmonster. Er ist ja, wie viele andere verrückte Männer (Schäuble, Löw, Mayer-Vorfelder, Kretschmann, Palmer, Appel, Klink – ob positiv verrückt oder bescheuert muss jede*r selbst entscheiden), aus dem deutschen Südwesten. In Mainz hat er aus einem Karnevalsverein einen professionellen Fußballverein gemacht (zusammen mit dem Autoverkäufer Christian Heidel, jetzt S04). In Dortmund aus einem Mittelklasseverein mit Neigung zu betriebswirtschaftlich bedingten Depressionen eine Spitzenmannschaft, um nach wenigen Jahren nach erreichen von allem, was erreichbar war, mit dem gleichen Team Abstiegskandidat zu werden. Nachdem sich jetzt in der Liga des ganz grossen Geldes in England beim FC Liverpool einiges davon wiederholt, wird sich in den nächsten Jahren die spannende Frage stellen, ob und wann die Methode Klopp auch dort an Grenzen stossen wird. Vorerst sind alle vom Erfolg besoffen. Neben den üblichen Agenturmeldungen habe ich einen einzigen Autorenbericht von Liverpools 5:1 gegen Arsenal gefunden, von Sven Haist in der SZ. Haist muss dort in die sehr grossen Fussstapfen seines exzellenten Vorgängers Raphael Honigstein passen. Keine leichte Aufgabe. Vielleicht wächst er ja mit.
Die Grösse von Kevin-Prince Boateng, dem Halbbruder des stylisheren Jerome (ojeh, die bis eben von mir hochverehrte Hazel Brugger will ihm “über den Kopf streicheln”), zeigte sich mir spätestens bei der WM 2010, bei der er zum Anführer der exzellent aufspielenden Nationalmannschaft Ghanas aufstieg. An meinem Arbeitsplatz im Bonner Rathaus hängten wir damals eine Ghana-Fahne ins Büro. Boateng war nicht nur beim Jubeln vorne, sondern besonders beim Rückenstärken von wichtigen Mitspielern, die in einzelnen Situationen (Elfmetern) versagt hatten. Mann muss nicht alles gut finden, was der Mann sagte und schreibt. Aber er war und ist auf weit angenehmere Weise, als es deutsche Altstars in abgewrackten TV-Formaten zeigen, geradeaus – vor allem, wenn er sich gegen Rassismus wehrt. Charakterstark.
Boateng weist darauf hin, dass mann ihm aufgrund seiner Körperstatur mehr Respekt erweist, als es viele Schwarze gewohnt sind. Ralf Sotschek, Irland-Korrespondent der taz, denkt diese Beobachtung zum Thema “Mit Rechten reden!?” weiter: er ist dafür, Faschisten zu verprügeln. Ich bin persönlich nicht dafür, weil ich in dieser Disziplin von Kindheit an immer verloren und darum auch den Kriegsdienst verweigert habe. An Sotscheks Ansatz ist aber richtig, dass unter der Überschrift “Mit Rechten reden” das exakt die Sprache ist, die Faschisten am besten verstehen. Im wahren Leben ist eben alles komplizierter als bei uns im Kopf.
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