Heute erscheint die deutsche Ausgabe der LeMonde diplomatique, nur heute preisgünstig der taz beigelegt. Darin veröffentlicht der Türkei-Fachmann der Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP), Günter Seufert eine gründliche Analyse der politischen Lage in der Türkei. Er zeichnet die erratische Innen- und Aussenpolitik Erdogans nach: erst Bündnis mit der Gülen-Sekte, dann Krieg; erst Versöhnung mit den Kurd*inn*en, dann Krieg; erst erfolgreiche Diplomatie im Nahen Osten, dann Krieg. Es gibt jedoch eine Konstante: den ausdauernden Ausbau eines Korruptionssystems mit befreundeten Unternehmern, mit dem er das ganze Land überzieht und die erbarmungslose Verfolgung aller, unter Missachtung jeglicher Gewaltenteilung, die daran Kritik zu üben wagen.
Seufert weist treffend darauf hin, dass das Erdogans AKP bei freien Wahlen nichts nützt. Ganz wie Horst Seehofer macht er damit nur faschistische Kräfte rechts von sich selbst stärker. Immer mehr Demokrat*inn*en verlassen dagegen das Land. Das könnte der grösste Verlust für die Türkei sein.
Bemerkenswert zeigt Spiegel-Korrespondent Maximilian Popp, ein Mann, der übrigens von der Gülen-Sekte heftig angefeindet wird, dass sich die von Erdogan seinem Land aufgezwungene religiös verbrämte Ideologie in der gesellschaftlichen Wirklichkeit langsam und kontinuierlich auflöst.
Ist der Fortschritt also unaufhaltsam? Nein, das wäre platter Determinismus. Aber wir, mit unseren zahlreichen demokratischen türkischen Freund*inn*en, dürfen mit solidarischer Aufmerksamkeit und Engagement nicht nachlassen. Es wird nicht vergeblich sein.
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