mit Update 28.2.
“Framing” macht man nicht. Es ist da. Es handelt sich um einen Begriff der sog. Kognitionsforschung. Sie untersucht, wie unsere menschliche Wahrnehmung funktioniert. Framing/Frame ist ein Begriff, mit dem versucht wird zu erklären, was sich abspielt, ob wir wollen oder nicht. Wer glaubt, das “ablehnen” zu können, wer gar glaubt es “ignorieren” zu können, der/die hats nicht verstanden. Weil es da ist. Es geht nicht weg.
Elisabeth Wehling gehört zu denen, die das bearbeiten. Sie hat richtig erkannt, dass es das Unbewusste ist, das was die meisten nicht kennen, von dem sie nicht wissen (darum heisst es ja so!), dass uns bei der Wahrnehmung von und beim Streit um Fakten ständig Streiche spielt. Neben den, und sie sollten wir dabei nicht vergessen, objektiv gegensätzlichen Interessen, die jedem gesellschaftlichen Konflikt ebenfalls eingeschrieben sind. Wem es gelingt, das Instrument Frame in diesen Konflikten zu entziffern, dem/der gelingt u.U. eine umso klarere Identifikation dieser Interessen. Wer sich für Framing nicht interessiert, oder glaubt es ignorieren zu können, der/die will mit hoher Wahrscheinlichkeit Interessen verschleiern.
Darüber ist nun auch Wehling selbst gestolpert. Sie hat sich, vermutlich mit Begeisterung, in einen nicht überragend gut, aber auch nicht schlecht dotierten, vor allem inhaltlich reizvollen Auftrag der ARD gestürzt. Und dabei nicht ausreichend analysiert, was das für ein Kunde ist: ein Abbild des untergehenden deutschen Parteien- und Verbändekorporatismus. Ohne klares Selbstbild (darum die Beauftragung durch die damalige ARD-Vorsitzende Karola Wille), aber durch und durch intrigendurchzogen. Intrigen, die auch – aber keineswegs nur – politisch motiviert sind, sondern wo sich auch Gockel und Hennen, Alte und Junge, Ost, West, Nord und Süd das Schwarze unter den Fingernägeln nicht gönnen.
Wenn ich mit so einem Kunden eine Workshopreihe durchziehe, sitzt der Feind immer dabei, sammelt Dokumente, macht sich Notizen und – Überraschung! – sticht sie bei Bedarf noch zwei Jahre später an befreundete Medien durch. Bei einer Kundin wie der ARD ist das kein unglücklicher Zufall, sondern im System eingebautes Risiko. Das hätte für Wehling heissen müssen: alles was ich aufschreibe, alles was ich sage, wird, ob ich es will oder nicht, und egal ob mir anderes “zugesichert” wird: ÖFFENTLICH! Und das Steuergeheimnis ist ebenfalls unwirksam.
Es spricht gegen die ARD als Kundin, dass sie Frau Wehling darüber nur unzureichend aufgeklärt hat. Vielleicht hätte sie den Auftrag dann lieber abgelehnt. Es hätte genug wohlmeinende Menschen hierzulande gegeben, die der in Kalifornien arbeitenden Wehling diese ergänzende Beratungs-Dienstleistung hätten bieten können. So lernen auch die Klügsten noch dazu.
Update 28.2.: Wie entgeistert Frau Wehling der beschriebenen Situation gegenübersteht, wird in diesem Zeit-online-Interview erkennbar.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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