Von der heutigen Wahl zum Parlament der Europäischen Union dürfen erst ab 23 Uhr, wenn die letzten Wahllokale schliessen, Ergebnisse veröffentlicht werden. Das hält das Entertainment-Business und den Hauptstadtberliner Intrigenzirkus aber nicht davon ab, auch ohne Fakten einfach weiterzudrehen (“Spin” und seine “Doktoren”). Denn wenn die Ergebnisse kommen, ist die Mehrheit des TV- und Onlinepublikums schon im Bett, und die analogen Holzmedien, die noch von richtigen Menschen nachts ausgetragen werden, müssen schon gedruckt sein. Dann kann mann doch nicht warten, bis Fakten vorliegen.
Dann finden die Kämpfe um die Deutungsmacht halt ohne Ergebnisse statt. Ganz nach der linksradikalen Legende: “Wenn Wahlen was ändern würden, wären sie verboten.”
Einen kleinen Vorgeschmack liefern FAZ und SPD bereits jetzt schon: Sigmar Gabriel lässt Durchsickern, er wolle seine “politische Laufbahn” beenden (er will auch endlich richtiges Geld verdienen, wie sein Vorbild Gerhard Schröder, der im Unterschied zu Gabriel selbst noch Wahlen gewonnen hat), was ihn nicht daran hindert, sich heute Abend bei Anne Will in die Pole Position der Deutungskämpfe zu setzen (auch das noch vor Europa-Ergebnissen), und die SPD-Linke hat laut dpa auch schon alles aufgeschrieben.
Es gibt noch eine Menge Kommunalwahlen, die in Bremen wird zur Landtagswahl hochgejazzt. Auch von dort wird es erst spät echte Ergebnisse geben, weil jede*r Wähler*in dort fünf Stimmen verteilen kann. So kann also jedes spektakuläre Dorfergebnis, wenn es früh bekannt wird, den Medienstrom des Abends umlenken. Auf diesem schwimmenden Fundament werden dann vor den Kameras grosse Eisen gebogen. Epochale Kunstwerke politischer Rhetorik sind den ganzen TV-Abend zu befürchten. Am besten, mann nimmt sich was ganz Anderes vor.
Morgen früh gibts dann echte Ergebnisse.
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