von Gert Samuel
Rot-Weiß Essen kickte im Mittelfeld der Regionalliga West, ohne Chance auf einen Aufstieg in die 3. Bundesliga. Dennoch wird dieser Traditionsclub aus dem Ruhrgebiet mehr Fans in Essen und bundesweit haben als der Essener Energieriese mit den drei Buchstaben.
Abhilfe tut da Not, gerade in Zeiten von (verschlafener) Energiewende und Forderungen nach einem schnellen Ausstieg aus der dreckigen Braunkohlenutzung. Der niederländische Energiemanager Paul van Son, seit 2015 Country Chairman der innogy SE für die MENA-Region und die Türkei am Standort Dubai und der Wissenschaftsjournalist Thomas Isenburg unternehmen diesen Versuch mit ihrem Buch. Auch wenn die drei Buchstaben nicht fallen, es soll vermittelt werden, dass RWE/Innogy im Rahmen des „Desertec“-Projekts „schon immer für die gute Seite“ gearbeitet hat, für die Erneuerbaren Energien.
Wer rückwärtsgewandtes Interesse hat am Gewusel und Gerangel zwischen der Stiftung „Desertec Foundation“ und der „marktwirtschaftlich“ orientierten Dii („Desertec Industrial Initiative“ – die bis zu diesem Buch kaum bekannt war) sowie am Ausstiegsprozess aus der Dii, kann diese eigenwillige Chronologie studieren. Eigenwillig insofern als dort, wo vertiefende Informationen erwartet werden, diese ausbleiben und an anderen Stellen Ergänzungen zu lesen sind, deren Wert zweifelhaft bleibt, wie z.B. bei den fünfzehn Seiten „Ein Tag aus dem Leben des Wüstenstrom-Reisenden Paul von Son“ – wobei die Bezeichnung „Reisender“ für einen Spitzenmanager gewiss erklärend ist. Anmaßung liegt vor, wenn die „Desertec“-Idee in einen Gedankengang mit der Quantenphysik gebracht wird, insbesondere nachdem auf den Seiten zuvor zum wiederholten Mal die unproduktiven Streitereien innerhalb der Dii im Mittelpunkt standen.
Worum also geht es in diesem Buch? Nicht um das Ankommen von RWE/Innogy im Lager der dezentralen Energiewende mit Erneuerbaren Energien; vielmehr um eine aktuelle Form des „green washing“. Die vielen Aktiven, die seit zehn, zwanzig Jahren in Initiativen, Bürgergenossenschaften und als Haushalte vor Ort Wind- und Sonnenenergie nutzbar machen und dabei immer wieder von den Energiekonzernen und insbesondere von RWE behindert wurden, werden Lobgesänge wie auf die Energiewende in der Wüste nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen.
Paul van Son, Thomas Isenburg, Energiewende in der Wüste. Die Vision ist bereits Realität, oekom verlag 2019, 264 Seiten, 26,00 € ISBN 978-3-96238-030-4; aus Sicht des Autors bietet derselbe Verlag "viele gute Bücher zur gesamten Thematik Energiewende, Nachhaltigkeit etc." an.
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