Der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber möchte Verfassungsfeinden bestimmte Grundrechte entziehen. Das geht nun gar nicht! Zudem man auch mit den geltenden Gesetzen weiterkommen könnte

Die AfD scheint für eindrucksvolle Wahlergebnisse keine Hilfe von außen zu brauchen. Nicht einmal eine Spendenaffäre kann ihr etwas anhaben – die Leute wählen sie, als gäbe es kein Morgen. Gibt es ja vielleicht auch nicht. Aber wenn die Rechtsextremen doch einmal externe Hilfe benötigten: auf wen könnten sie bauen? Wenn sie nach jemandem suchten, der ebenso verlässlich wie ahnungslos ist? Auf diese Frage gibt es nur eine Antwort. Peter Tauber.

Der ehemalige CDU-Generalsekretär, der gegenwärtig als parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium dient, hat eine tolle Idee gehabt. Er möchte Verfassungsfeinden bestimmte Grundrechte entziehen, so das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Weil es im Kampf gegen Rechtsextremismus nämlich nicht genüge, nur das Strafrecht anzuwenden, wie Tauber in einem Gastbeitrag für die Welt schrieb.

Mag ja sein. Aber wie wäre es, wenn zumindest einmal der Versuch unternommen würde, das Strafrecht konsequent anzuwenden? Bisher geschieht das nämlich nicht.

Am 25. April 1977 hatte ein Autor unter dem Pseudonym „Mescalero“ eine „klammheimliche Freude“ über den Mord an Bundesanwalt Siegfried Buback geäußert – und sich dann im Text von Gewalt als Mittel der Politik distanziert. Ungeachtet dessen folgten auf den Artikel zahlreiche Strafverfahren. Die Veröffentlichung allein genügte für staatliches Handeln.

Gesetze anwenden statt Grundrechte abschaffen

Davon kann im Zusammenhang mit Posts, die den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke begeistert feiern, keine Rede sein. Wenn man die bisherigen Reaktionen darauf zusammenfasst, dann genügt ein Wort: Achselzucken. Kann man halt nichts machen.

Doch, kann man. Die Gesetze geben das her, auch ohne dass Grundrechte – Grundrechte! – entzogen werden. Ja, schon klar, AfDler stilisieren sich gerne als Märtyrer, auch grundlos. Das Problem mit dem Vorschlag von Peter Tauber: Wenn er durchkäme – derzeit spricht, gottlob, nichts dafür – , dann hätte die AfD ja sogar recht.

Entzug von Grundrechten? Geht gar nicht. Eher könnte und sollte man ein Verbotsverfahren gegen die Partei einleiten. Beiseite gefragt: Warum ist das eigentlich nicht schon längst geschehen?

Sie haben es nicht so mit der Meinungsfreiheit

Das Problem ist – nein, Quatsch, nicht das, sondern eines von mehreren Problemen ist: Die Unionsparteien haben es nicht so mit der Meinungsfreiheit. Es ist erst ein paar Tage her, dass die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer öffentlich darüber nachdachte, ob man Influencer wie Rezo an ihrem für die Union unseligen Tun durch neue Gesetze hindern sollte. Kurz danach hat Deutschlands ewiger Innenminister Horst Seehofer dankenswert offen erklärt, dass es nützlich sein kann, Gesetzestexte so verschwurbelt zu formulieren, dass die Öffentlichkeit gar nicht mitbekommt, worum es eigentlich geht. Konkret ging es um die Bespitzelung von Journalisten. Tja. Wie gesagt, die Union hat es nicht so mit Grundrechten und Meinungsfreiheit.

Und was tut unterdessen die SPD? Sie beschäftigt sich mit sich selbst. Neun frühere Parteivorsitzende teilen mit, dass sie sich um ihre Partei sorgen. Jedes „Wort zum Sonntag“ ist spannender. Wen wollen sie eigentlich erreichen? Die Basis? Die sorgt sich auch. Die SPD-Abgeordneten? Die sorgen sich noch viel mehr, weil sie fürchten, ihre Mandate zu verlieren. Die möglichen Wählerinnen und Wähler? Ja, die werden aufgeschreckt an die Urnen eilen, wenn sie erfahren, dass Björn Engholm, Gerhard Schröder und Matthias Plat­zeck bedrückt sind.

Genug des Spotts. Es wäre zauberhaft, wenn sich die SPD auf ihre Aufgaben besinnen würde – und ein klares Wort zu dem Vorschlag von Peter Tauber fände. Hashtag: Überfällig.

Dieser Beitrag ist eine Übernahme von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.

Über Bettina Gaus:

Bettina Gauss ( † ) war politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Ihre Beiträge sind Übernahmen von taz.de, mit freundlicher Genehmigung von Autorin und Verlag.