Für die Rechte wäre nichts schöner als die Apokalypse
Mein Mitautor Roland Appel quält sich seit Tagen an einem Text ab, der davon handelt, warum die Gefahr von Rechts in der hiesigen Öffentlichkeit so bagatellisiert wird. Es ist in der Tat schwer zu verstehen. Hier nur einige wenige Belege.
Eine starke Besprechung des aktuellen Adorno-Bestsellers “Aspekte des neuen Rechtsradikalismus”, vorgetragen vor 50 Jahren in Wien, liefert Götz Eisenberg/nachdenkseiten.
In den USA gab es am Wochenende zwei Massaker, die die Menschenfeindlichkeit der politischen Rechten besonders genau genommen und radikal interpretiert haben.
Die Todessehnsucht der radikalen Rechten äussert sich ebenso in der offensiv propagierten klimapolitischen Ignoranz, wie sie beim aufziehenden Präsidentschaftswahlkampf proklamiert wird, und ihn auf eine Art politische “Entscheidungsschlacht” zusteuert.
Mexiko plagt sich mit der Migrationspolitik des mächtigeren Trump-Regimes, und wie überall wird der Druck nach unten weitergegeben: von der AMLO-Regierung z.B. nach Chiapas. Alexej Steinberg/Jungle World berichtet.
Wie reagiert die Linke dort, wo sie die Möglichkeit dazu hat? Spanien zeigt aktuell, dass sich niemand über rechte Vormärsche wundern darf, wenn die Gegenkräfte so agieren: Winnie Medina/Jungle World berichtet. Ohne eine Verständigung mit Katalonien, die auf Dialog setzt und auf Kriminalisierung verzichtet, wird es keine linke Mehrheit in Spanien geben. Die Rechte weiss das, und erfreut sich daran. Aber weiss es auch die Linke?
Noch desolater ist die politische Situation in Russland. Ulrich Heyden/telepolis berichtet von den Demonstrationen in Moskau. Sie zeigen einerseits die strategisch hilflose, disparate und gesellschaftlich kaum verankerte, eher wurzellose Opposition. Und auf der anderen Seite eine Staatsmacht, die ihr Land und seine Zivilgesellschaft ebenfalls kaum kennt, und darum vor lauter paranoidem Misstrauen gegenüber den Beherrschten beim geringsten Anlass ausrastet, und, fussballerisch gesprochen, den schwachen Gegner erst stark macht.
“Vierte Gewalt”? Lächerlich. Ist in unserer Verfassung nicht vorgesehen; dort steht “nur” Meinungs- und Pressefreiheit unter grundrechtlichem Schutz. Von einer “4. Gewalt” ist an keiner Stelle die Rede, sondern es handelt sich um eine Selbstüberhöhung der Medienbranche. Hat sie das nötig? Leider: Ja! Fabian Goldmann/telepolis beleuchtet kompakt die Blamage anhand aktueller Piraterie-Berichterstattung. Wer militärisch intervenieren will, bekommt von deutschen Leitmedien den Zuruf “Ay ay Sir, zum Abmarsch bereit!” Blamabel und peinlich.

Über Martin Böttger:

Martin Böttger ist seit 2014 Herausgeber des Beueler-Extradienst. Sein Lebenslauf findet sich hier...
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